Mittwoch, 29. April 2020

Bajaj Sunny: vergleichende Anatomie

Aus irgend einem Grund will der Sunny nicht laufen, aber wieso? Eigentlich sollte er alles haben was er dazu braucht. In solchen Fällen bleibt eigentlich nur systematische Suche nach einer Ursache.
Zunächst kam darum der Zündanker nochmal raus. Der WeDi an der Kurbelwelle ist allerdings in Ordnung. Ebenso stimmte der Zündzeitpunkt (20° vor OT), hier ist also schonmal kein Fehler verborgen. Allerdings war der Zündfunken etwas schwach, weshalb ich dann auf Verdacht die Erregerspule aus dem Schlachtroller eingebaut habe.
Einen schön starken Funken hat der Roller jetzt wieder, das sollte soweit passen. Angesprungen ist er deshalb allerdings noch immer nicht.

An diesem Punkt fangen dann die Selbstzweifel an, immerhin ist es gut möglich, dass ein Montagefehler vor liegt. Darum ging es zunächst dem Schlachtmotor an den Kragen. Dieser erweckte den Eindruck, dass an ihm noch nie herumgeschraubt worden war.
Mein Hauptinteresse galt dabei der Kurbelgehäuseabdichtung. Tatsächlich war so der (wahrscheinliche) Fehler zu finden. Der WeDi zwischen Kurbelkammer und Getriebe war im Schlachtroller in normaler Orientierung (also mit der offenen Seite zur Kurbelwelle) eingebaut. Im "guten" Motor war der WeDi auch vor der Überholung andersherum eingebaut. Zudem zeigte sich, dass die originalen Kurbelwellenlager im Schlachtmotor von einem mir unbekannten indischen Hersteller stammen. Vermutlich sind die SKF-Lager im "guten" Motor nicht mehr die ersten.

Es hilft nichts, der Motor musste also wieder auseinander. Denn der innere WeDi ist nur nach vollständiger Demontage zu wechseln.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das abgelassene Getriebeöl deutlich nach Treibstoff roch.
Jetzt ist erstmal abwarten angesagt. Der Motor bekommt natürlich neue WeDi und, da er jetzt schon zum zweiten Mal offen ist, auch neue Kugellager. Wenn diese da sind geht es weiter.

Eine kurze Probefahrt mit dem Centro diente anschließend zur Frustbeseitigung. Aber das sind eben die Probleme mit alten Exoten ohne jede Dokumentation.







Samstag, 25. April 2020

Bajaj Sunny: Goldstaub

Ich gebe es offen zu: Die Sache mit dem Ansaugstutzen hat mich fürchterlich geärgert. Solche Dinge sollten einfach nicht passieren. Aber manchmal hat man auch Glück im Unglück. So habe ich noch gestern Abend einen geeigneten Teilespender gefunden.
Eine bereits gerupfte und auch nicht ganz vollständige Bajaj Sunny Ruine von 1996, zwei Landkreise weiter zu einem Preis der noch im Rahmen dessen lag, was ich ohne Schmerzen zu bezahlen bereit war. 
Immerhin, die Verkleidung ist vollständig da, wenn auch nicht in sonderlich tollem Zustand. Außerdem ein kompletter Motor mit gutem Ansaugstutzen.
Dieses Teil darf jetzt erstmal im Dieselbad einweichen, denn es ist furchtbar dreckig. Außerdem ging es dem Rollerrest aus Platzgründen gleich an den Kragen.
3/4 der Teile sind brauchbar und wert aufgehoben zu werden. Das (durchgerostete) Chassis wanderte in den Schrott, ebenso wie die vordere Bremsankerplatte mit gebrochenem Widerlager.
Übrig bleibt vor allem eine Kiste mit raren Teilen, die gesäubert und sortiert darauf warten irgendwann einen anderen Sunny am Leben zu halten. Bevorzugt natürlich meinen blauen.
Zwar hatte ich heute wenig Zeit, aber den geklebten ASS wollte doch noch testen. Die Naht sieht gut aus und ist stabil. Also habe ich das Teil direkt montiert.
Anschrauben ging problemlos und es hält. Dank reichlich Dichtmasse sollte das auch dicht sein. Allerdings läuft der Motor noch immer nicht. Es scheint, als würde er nicht ansaugen und/oder überströmen. Was das genau ist muss ich noch feststellen, aber dafür fehlte dann heute wirklich die Zeit. Immerhin die Sorgen um die Ersatzteilversorgung sind erstmal erledigt.

Freitag, 24. April 2020

Bajaj Sunny: Teilerfolg

Die Dichtungen für den Sunny waren zwischenzeitlich in der Post, also konnte es daran gehen den Motor wieder zusammen zu bauen.
Es war ja nur ein Kurbelwellenlager ausgebaut, darum ging es relativ flott. Die übliche Methode mit Ofenplatte und Eisspray funktioniert auch bei indischer Primitivtechnik sehr gut.
Das das antriebsseitige Lager vom Getriebeöl geschmiert wird, kommt der WeDi "verkehrt herum" rein, also mit der offenen Seite zum Getriebe.
Eines von vielen Details, die der Sunny mit div. klassischen Mofas teilt.
Anschließend ließ sich das Kurbelgehäuse wunderbar zusammenbauen. Es ist immer wieder ein Genuss mit der Einziehvorrichtung zu arbeiten.
Auch der Ansaugstutzen schien sich zunächst problemlos montieren zu lassen. Aber dazu später noch mehr.
Letztlich ist der Sunny ein extrem dankbares Schrauberobjekt. Die Technik ist simpel und logisch aufgebaut und alles geht wunderbar zusammen. Tatsächlich macht der kleine Kerl diesbezüglich richtig viel Spaß.
Den WeDi an der Antriebswelle gab es dann auch noch neu. Da ein neues Set WeDi da war eigentlich keine Frage. Gerade an dieser Stelle, an der es zuletzt auch noch um die Sicherheit geht.
Frisch lackiert sieht auch der Auspuff wieder richtig gut aus. Überhaupt ging der Zusammenbau des Motors völlig unproblematisch über die Bühne. Wie gesagt, der Sunny ist ein sehr dankbares Schrauberobjekt.
Bis der Motor wieder im Rahmen war, vergingen trotzdem gut drei Stunden. Es dauert eben seine Zeit wenn man gewissenhaft arbeitet.

Die ersten Startversuche schlugen dann leider fehl, denn plötzlich war der Zündfunken weg. Letztlich stellte sich ein defektes Zündkabel als Ursache heraus. Mit einem neuen Kabel lief der Roller dann auch direkt. Insofern war die Aktion also erfolgreich.

Der Luftfilter erhielt provisorisch einen Wickel aus Klebeband, so hält er wenigstens soweit zusammen, dass ein paar Probefahrten möglich sein sollten.
Mit Airbox und Luftfiltereinsatz war dann auch ein brauchbarer Leerlauf einstellbar.
Klar, dass ich den Roller anschließend soweit zusammen gebaut habe das eine Probefahrt möglich war. Diese funktionierte auch ganz gut, zumindest auf den ersten paar Metern. Dann ging der Motor schlagartig aus und weigerte sich wieder anzuspringen.

Die Problemursache ist leider ein kleiner GAU. Der Ansaugstutzen ist an einer Anschraublasche gebrochen. Natürlich ist der Ansaugstutzen eines der Teile die nirgendwo, nicht einmal in Indien, zu bekommen sind. Warum das passiert ist? Nun, zu 99,9% war es mein Fehler, nämlich eine überspannte Schraubverbindung. Was kann man da machen? Einmal laut das Sch-Wort schreien und hoffen, dass sich möglichst bald ein Ersatzteil finden lässt.
Bis dahin ist es in diesem Fall nicht verkehrt ein Experiment zu wagen. Die Bruchstelle ist glatt und relativ großflächig, möglicherweise klappt es das Teil mit Kunstharz zu kleben. Einen Versuch ist es wert, vielleicht ist es ja stabil und dicht genug, das wenigstens ein paar Fahrten möglich sind. Die mechanische und thermische Belastung in diesem Bereich ist ja nur gering.
Zuletzt bekam dann noch der Hitzeschild etwas frische Farbe, grundiert hatte ich ihn ja schon beim letzten Mal. Notfalls steht der Sunny halt eine Zeit lang bis sich ein Teil gefunden hat. Hoffentlich nicht wieder 16 Jahre.


Mittwoch, 22. April 2020

Bajaj Sunny 50: Entdeckungsreise ins Innere

Der Sunny ist vor allem darum spannend, weil er sich technisch stark von einem "normalen" Automatikroller unterscheidet. Teilweise macht die extrem simple Konstruktion auch das Schrauberleben leichter. So zum Beispiel beim Motorausbau.
Bei vielen Rollern ist das eine ziemlich aufwändige Aufgabe, nicht so beim Sunny. Außerdem ist ein Roller mit sehr niedriger Laufleistung hier natürlich auch im Vorteil, denn alle Schrauben sind leichtgängig und problemlos zu öffnen.
Mit dem Motor auf der Werkbank konnte es dann also losgehen. Eine Entdeckungsreise ins Innere des indischen Winzlings.
Der Kolben sieht auf den ersten Blick aus wie man es bei einem Fahrzeug mit weniger als 2.000km Laufleistung erwarten würde. Im Auslassbereich hat er aber in der Vergangenheit einmal geklemmt. Danach wurden scheinbar die Kolbenring erneuert. Insgesamt sieht das Zylinderkit brauchbar aus, hier sollte es also keine bösen Überraschungen geben.
Ebenso unter dem Polrad. Die Zündung ist ebenso sauber wie simpel. Zwei Spulen genügen hier für Licht- und Zündstrom.
Soweit ist das aber alles mehr oder weniger genau wie bei jedem anderen Roller. Der wirkliche Unterschied befindet sich auf der Antriebsseite. Denn der Sunny ist zwar ein Automatikroller, eine Variomatik hat er aber nicht.
Unter dem Deckel verbirgt sich das Kettengetriebe. Die Fliehkraftkupplung sitzt direkt auf der Kurbelwelle und treibt über die Kette das Reduktionsgetriebe am Hinterrad an. Noch einfacher kann man eine Automatik nicht bauen.
Der wesentliche Schwachpunkt des Getriebes ist der Kettenspanner. Dieser ist hier jedoch völlig in Ordnung.
Nachdem die Innereien des Antriebs draußen waren konnte es daran gehen den Motor zunächst äußerlich zu reinigen. Die Dichtflächen sind soweit in Ordnung. Das sollte nach der Remontage passen. Allerdings zeigte sich hier auch eine Falle in der Konstruktion des Motors. Das antriebsseitige Kurbelwellenlager wird vom Getriebeöl geschmiert. Darum sitzt der Wellendichtring auf dieser Seite zwischen Kurbelwange und Lager. Um ihn zu wechseln muss der Motor auseinander. Eine Arbeit die ich aufgrund des guten Zustandes der Lagerung gerne vermieden hätte. Aber es hilft nichts.
Ein Vorteil des komplett geteilten Motor ist aber auch, dass es so viel einfacher ist den Motorrumpf gründlich zu reinigen. Auch die alten Rückstände in der Kurbelkammer lassen sich so vollständig entfernen.
Das alle Dichtflächen gründlichst gereinigt werden ist dabei sowieso klar. Auch wenn das bei den uralten, völlig versteinerten Dichtungen teilweise nicht so einfach ist.
Zum Schluss bekam der Auspuff, der bis auf etwas Oberflächenrost sehr gut erhalten ist, noch etwas Farbe.
Somit ist dieses, praktisch unersetzbare Teil, auch wieder fit für langen, treuen Dienst.


Jetzt ist erstmal wieder Warten angesagt. In den nächsten Tagen sollten die fehlenden Teile kommen. Viele sind es nicht. Letztlich läuft es auf einmal neu Abdichten und einen Ölwechsel hinaus. Der Zustand des Fahrzeugs ist wirklich überragend gut.

Sonntag, 19. April 2020

Bajaj Sunny 50: indische Spezialitäten

Ich glaube, dass es in kaum einer Fahrzeuggattung so viele Sonderlinge und Kuriositäten gibt wie bei Rollern. Wobei mich hier besonders die frühen Automatikroller faszinieren. Fahrzeuge die aus einer Zeit stammen, als die heute gültige Formel noch nicht endgültig fest stand. Ein solches Fahrzeug ist der Bajaj Sunny aus Indien.
Auf den ersten Blick wirkt der Sunny wie ein sehr simpler Roller üblicher Machart, dennoch unterscheidet er sich sehr stark von dem, was heute als üblich gilt. So hat er zum Beispiel keine Variomatik sondern ein Eingang-Kettengetriebe mit Fliehkraftkupplung. Das alleine wäre schon Grund genug so ein Fahrzeug in die Werkstatt zu holen. Aber es gibt noch genug andere, so zum Beispiel den sehr speziellen Charme eines Fahrzeugs, das nie für den europäischen Markt vorgesehen war. Eine Primitivkonstruktion im besten Sinne. Simpel und Robust, gemacht für die Anforderungen der so genannten "Dritten Welt". Eigentlich sollte so einem Fahrzeug ja nichts ernsthaft etwas anhaben können, oder? Naja, vielleicht doch. 16 Jahre Standzeit sind ein heftiger Gegner für den kleinen Inder.
Seine erste Reise nach all der Zeit ging dann heute zu mir in die Werkstatt. Dort schlug dann die Stunde der Wahrheit, denn erstmal kam die Verkleidung runter.
Es zeigte sich dann recht schnell, dass der gute Ersteindruck nicht unberechtigt war. Der Roller ist grundsätzlich in Ordnung, allerdings wurde in der Vergangenheit am Luftfilter gepfuscht.
Irgendjemand hat hier versucht, den zerfallenen Gittereinsatz mit einer viel zu großen Hauptdüse auszugleichen. Außerdem waren die Lufteinlässe des Filtergehäuses teilweise mit Heißkleber zugeschmiert. Dass der Vergaser nach all den Jahren völlig zugekleistert war ist sowieso klar.
Gebracht hat allerdings auch eine gründliche Reinigung der Gasfabrik nichts. Der Roller mag einfach nicht anspringen.
Schuld daran ist wohl eine Nachlässigkeit des Vorbesitzers. Der Roller stand scheinbar all die Jahre mit offenem Benzinhahn und der Treibstoff war in die Kurbelkammer gelaufen. Einlassmembranen und Kurbelgehäuse sind entsprechend voll klebrigen Rückständen.
Ein Versuch die Membranen zu reinigen hat nichts gebracht. Es hilft wohl nichts, der Motor muss raus und gründlich gereinigt werden. Ohne neue Dichtungen macht das aber keinen Sinn. Zum Glück sind wenigstens diese verfügbar. Ein kleiner Lichtblick in einer eher bescheidenen Ersatzteilsituation.
Jetzt heißt es also erstmal warten auf die Ersatzteile. Dann geht es mit dieser höchst spannenden Baustelle weiter.


Samstag, 18. April 2020

Pornoyacht: auch hier gehts weiter

Parallel zu den Arbeiten am Wulfhorst geht es auch mit der PK weiter. Wenn auch erheblich langsamer als ich es mir wünschen würde.
Grund dafür ist, neben dem Ersatzteilmangel durch die Corona-Krise, vor allem die Tatsache, dass Teile verloren gegangen sind. Der Roller ist einfach zu lange zerlegt rumgestanden.
In solchen Fällen scheitert es dann bekanntlich an ganz banalem Zeug. So konnte ich zwar die Schaltzüge und den Kupplungszug einbauen und einhängen, nicht aber den hinteren Bremszug. Einfach weil die Klemme dafür weg ist. Sowas nervt einfach, erst recht wenn es etwas verzögert, dass sowieso eine ultimative Hassarbeit ist. Bowdenzüge tauschen bei einer klassischen Vespa ist einfach eine widerliche Arbeit.
Also heißt es erstmal wieder auf Teile warten. Vielleicht sieht das Ding dann ja doch noch dieses Jahr die Straße. Vielleicht.