Montag, 30. Oktober 2017

Chinakracher: sie kommen immer wieder ...

Das ich kein großer Fan chinesischer Billigstroller bin ist kein Geheimnis. Normalerweise mache ich um diese Dinger einen möglichst weiten Bogen, aber dennoch läuft mir bisweilen so ein Kackfass zu. Diesmal kam es aus dem Carport von Thum in Freiberg gekrochen und verfolgt mich seit der Sachsentour im September. 
Um genau zu sein ist das Fahrzeug ein 2010er Zhejiang Jmstar Shenke GY5F2, hierzulande als Rex RS460 Boston verkauft. Nun sind 7 Jahre für einen Chinaroller ein recht ordentliches Alter, trotzdem ist das optisch wahrhaft nicht schöne Fahrzeug relativ gut erhalten. Der Wiederbelebungsversuch durch Thum und mich im September scheiterte ja daran, dass der Roller masiv Treibstoff verliert. Ursache hierfür ist ein defekter Benzinhahn. Immerhin hat er, wie berichtet, zwei neue Reifenventile und der Motor läuft grundsätzlich.
Leider wurde er am Sonntag zweimal vom Sturmwind umgeworfen, weshalb zu den bereits vorhandenen Schäden an der Verkleidung noch ein Loch im Scheinwerfer und ein zerbrochener Spiegel kommen. Aber was solls, erstmal muss das Ding überhaupt wieder zum Leben erweckt werden. 
Erster Schritt beim Chinakracher ist ja immer das Helmfach auszubauen. Dann ist der Motor sinnvoll zugänglich und man kann die meisten Arbeiten ausführen. Danach habe ich den Scheinwerfer abgeschraubt. Hier führt kein Weg an einem Neuteil vorbei, das Loch in der (ohnehin total verblichenen) Streuscheibe ist nicht nur unzulässig, sondern auch eine Gefahr im Straßenverkehr.
Als nächstes ging es dann aber doch am Motor weiter. Eine gründliche Bestandsaufnahme sowie Ausbau der als defekt bekannten Teile waren notwendig. Angefangen habe ich mit dem Benzinhahn.


Bisher unbekannt war mir der Zustand des Antriebs. Zwar hat der Roller nur knapp über 3000km auf der Uhr, aber das hat bei diesen Dingern bekanntlich nicht viel zu sagen. Vermutlich zum ersten Mal seit der Produktion kam der (total festgeranzte) Variodeckel runter. 
Auch die Antriebsinnereien haben sich beim Ausbau ziemlich gewehrt, aber zum Schluss siegte der deutsche Schlagschrauber über den chinesischen Rost.
Kein Ölaustritt, nur trockener Riemenabrieb. Ein ausgesprochen positives Bild das sich bei Kupplung und Treibriemen fortsetzte. 
Auch Variator und Fliehgewichte sind noch ohne weiteres Benutzbar. Die Laufleistung scheint also zu stimmen. 
Einzig etwas Fett tat sowohl dem Wandler als auch dem Variator sicher gut. Danach kamen die Teile wieder an ihren Platz. 
Bevor der Variodeckel wieder drauf kam, habe ich aber noch dieses nutzlose Stück Elektroschrott rausgerissen.  Chinakracherfans und Leute die mich wirklich kennen wissen was es ist ... ;-)

Als nächsten Schritt habe ich mir die Zündkerze angesehen. Diese ist, wie oft bei diesen Fahrzeugen, schon nach der relativ kurzen Laufzeit total verbraucht. Statt dem chinesischen Billigteil kommt da jetzt eine hochwertige NGK-Kerze rein, dann ist zukünftig auch an dieser Front Ruhe. Ein weiteres Chinakracherproblem sind total morsche Zündkabel, so auch bei diesem Exemplar.
Glücklicherweise sind im Laufe der Zeit ettliche Chinaroller in meiner Werkstatt auf die Schlachtbank gekommen. Von einem hatte ich noch eine Zündspule mit gutem Kabel und intaktem Stecker. 
Mit diesen Teilen wurde das Fahrzeug wieder ein Stückchen besser als zuvor. Als letzte Motorbaustelle habe ich den Ventildeckel abgeschraubt. 
Zwar konnte ich die Ventile mangels Einstellwerten heute noch nicht checken, aber ich wollte doch wissen wie Steuerkette und Nockenwelle aussehen. Positiv ist, dass hier nichts verschlissen oder ausgeschlagen zu sein scheint, außerdem war weder Wasserschleim noch Ölkohle zu sehen. 
Die Einstellwerte habe ich dann zu Hause rausgesucht. Einlass 0,06 und Auslass 0,08 mm falls es jemand wissen will. 
Anschließend gab es noch einen mehr als überfälligen Wechsel der Bremsflüssigkeit. 
Es kommt auf dem Foto nicht so rüber, aber der Inhalt des Ausgleichsbehälters hatte die Farbe von Teer und die Konsistenz von Hafergrütze. Dass das Ding überhaupt noch bremste war eigentlich ein kleines Wunder.
Optisch will ich an dem Roller nicht viel machen, das würde zu weit führen. Aber die zerbrochene Frontmaske ging einfach garnicht. Von der kurzen Fahrt im September wusste ich, dass das Ding während der Fahrt brutal klappert, sowas hasse ich.
Um das Klappern abzustellen und den gebrochenen Plastik zu stabilisieren habe ich einfach ein, ganz bewusst unsymetrisch zurechtgeflextes Stück Alublech über den Riss genietet. 
Der "Kühlergrill" bekam außerdem, damit er schöner raussticht, noch eine grobe Dusche mit oranger Farbe. 
Ein paar Aufkleber, die in der Werkstatt eh rumlagen und ein Werbeschriftzug des Erbauers kamen dann noch dazu. So gefällt mir das Ding langsam. Nach den Feiertagen gibts dann eine brutale und den Fahrzeugwert weit übersteigende Neuteileschlacht. Wäre doch gelacht, wenn man dieses Kackfass nicht wieder auf die Straße zurück zwingen könnte ... 

















Sonntag, 29. Oktober 2017

Roadtrip: auf Kaperfahrt in NRW

Es gibt Dinge, die ergeben sich einfach aus dem Zusammenhang. So führte die Bergung von Thums Dreirad in Bratislava zur Abholung des zweiten Wulfhorst-Dreirads in Mannheim und jetzt zu einer ausgedehnten Deutschlandtour. In Gütersloh, der Heimat der kuriosen Rollerumbauten aus dem Hause Wulfhorst, stand ein besonders günstiger R7 auf Hercules Samba (aka Peugeot SV50) Basis zum Verkauf. Was lag also näher, als einen gemütlichen Samstag auf Bundesautobahnen zu verbringen?

Aus Gründen der Einfachheit war Hof als Treffpunkt ausgemacht. Es ging für mich also am Samstagmorgen zunächst nach Oberfranken, wo ich am Hauptbahnhof nicht lange auf Thum warten musste. Nachdem wir noch etwas Proviant besorgt hatten ging es dann endgültig auf große Fahrt. In einem weiten Bogen ging es durch Sachsen, Thüringen und Hessen in Richtung Norden. Erfurt, Bad Hersfeld und Kassel zogen als Wegmarken vorbei und es ging langsam, aber auf durchgängig freier Strecke bis kurz vor Bielefeld. Ob es die Stadt nun wirklich gibt oder nicht ließ sich nicht genau feststellen, denn außer einigen Wegweisern und einem kurios benannten Autobahnparkplatz haben wir davon nichts zu sehen bekommen. 

Umso sicherer gibt es jedoch das, mitten in der westfälischen Pampa gelegene, Anwesen des Verkäufers. Die letzten Kilometer ging es auf winzigen Nebensträßchen zum Standort des Dreirades. Dank Navi problemlos zu finden, zwischenzeitliche Zweifel über die Richtigkeit der Adresse lösten sich schnell auf. 

Besichtigung, erfolgloser Startversuch und Verladung des Fahrzeugs, bei dem es sich um eine seltsam verbastelte Version mit monströser Fußstütze handelt, liefen schnell und angenehm, begleitet von recht einseitiger Unterhaltung mit dem schweigsamen Verkäufer ab. 




Durch die malerischer, aber seltsam leere Landschaft ging es dann noch nach Gütersloh rein. Die Industriestadt war eine angenehme Überraschung und zeigte sich als deutlich freuntlicher und hübscher als erwartet. Auch die gesuchte Adresse der Wulfshorstwerke war schnell gefunden. Am Samstagabend war natürlich niemand mehr anwesend, für einen kurzen Fotostopp gab es aber Gelegenheit.

Thum auf Wulfhorst, vor Wulfhorst in Gütersloh
Es folgten noch ein Tankstopp und die nächtliche Weiterfahrt nach Freiberg. Diese verlief recht ereignislos, wenn auch durch die bisweilen bizarre Logik von thüringer Umleitungsstrecken nicht ohne Unterhaltungswert. Nach Mitternacht erreichten wir dann Freiberg wo es, nach neuerlichem Auftanken noch zu Thums Stammwerkstatt ging. Die Neuerwerbung ist ja leider nicht fahrtauglich und muss daher gründlich durchgesehen werden.
Nach über 1.100 gefahrenen Kilometern ging es dann auch recht zügig ins Bett. Dank der Zeitumstellung war die Nacht ja noch ausreichend lang. Daher war es nicht so schlimm, dass mich am Sonntagmorgen gegen 10 Uhr ein Nachbar von Thum dadurch weckte, dass er ans Fenster klopfte. Ihm war nämlich aufgefallen, dass sich mein über Nacht abgekuppelt abgestellter Anhänger selbstständig gemacht hatte. 
Bis zum Nachbarn oder gar auf die Straße hatte es das treue Anhängsel zwar nicht geschafft, dennoch habe ich ihn sicherheitshalber direkt angekuppelt. Schuld am Fluchtversuch des Anhängers war übrigens ein ziemlich derber Sturm, der Nord- und Ostdeutschland in der Nacht heimgesucht hatte und auch am Morgen noch kräftig über Freiberg wehte.
Den vom Sturm leider umgewehten und etwas ramponierten Chinaroller von Thums Exfrau wollte ich ohnehin mitnehmen. Jetzt ist er halt noch ein bisschen mehr reparaturbedürftig als zuvor. Angesichts des nur symbolischen Übernahmepreises jedoch zu verschmerzen. 

Das ziemlich verwanzte Meisterwerk chinesischer Kopierkunst wurde dann auch promt nochmal umgeweht, weshalb ich es schnell verladen und verzurrt habe.
Anschließend haben wir noch die Scheinwerferbirne von Thums "dicker Berta" (dem anderen Wulfhorst R7) getauscht, dann ging es für mich zurück in Richtung Heimat. 
Diese Rückfahrt verlief, von einem kleinen Umweg über die wunderschön herbstliche Landstraße bei Hainischen, völlig ungestört. Die Sturmschäden hatten nur zu einer kleinen Sperre auf der A4 geführt, die mich zu eben jenem Umweg zwang. Ansonsten ging es völlig problemlos über Hof und Schwandorf zurück in die Heimat. 
Auf dem letzten Streckenabschnitt sogar unter strahlender Herbstsonne. Ein schönes, erholsames und spaßiges Roadtrippwochenende war damit zu Ende. Dem Thum wünsche ich viel Spaß und Glück mit dem neuen Dreirad, mal sehen was daraus wird.




Freitag, 27. Oktober 2017

Old Blue: Mama ist die Beste!

Der Golf ist ein altes Auto, daran kann kein Zweifel bestehen und wie das bei alten Autos so ist, bisweilen zeigt er eben auch die Spuren der Jahre recht deutlich. Ein Bereich in dem dies der Fall ist, ist die Innenausstattung. Unter anderem ist eine Seitenwange des Fahrersitzes schon länger durchgescheuert und eine Naht an der Rücksitzbank war offen. Jetzt ist Speedguru zwar ein halbwegs brauchbarer Mechaniker, mit Nadel und Faden kann er jedoch nicht umgehen. Aber zum Glück hat er eine nette und auch ein bisschen autoverrückte Mutter.

Dank solch tatkräftiger Hilfe ist jetzt der Rücksitz wieder beisammen und das Loch in der Sitzwange ebenfalls verschlossen.
Der Aufnäher ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber mir gefällt er und er ist im Grunde auch mein einziger Beitrag zu dieser Reparatur. Immerhin habe ich das Ding selbst in der Kurzwarenhandlung gekauft.
Hoffentlich hält es. In jedem Fall auch an dieser Stelle nochmal ganz großen, herzlichen Dank an meine Mutter für ihre unschätzbare Hilfe.



Jawa: schau mal rein

Langsam wird es auch Zeit die größeren Baustellen des Winters anzugreifen. Dazu zählt auch die Jawa, die ja bei den letzten Fahrversuchen nicht ordentlich funktioniert hat. 
Es ist kaum sinnvoll am vollständigen Moped herumzupfuschen und den Fehler zu suchen. Deshalb habe ich zunächst den Motor ausgebaut. 
Hierbei machten die drei Haltebolzen besondere Schwierigkeiten, denn sie waren extrem eingerostet. Sehr viel Kriechöl und der Bleihammer waren gut eine Stunde lang im Einsatz, danach konnte ich den Motor aus dem Rahmen nehmen. 
Positiv ist, dass das Fahrgestell auch im Bereich der Motoraufnahme rostfrei ist. Immerhin ein Bereich, in dem keine Arbeit notwendig ist. Die "Ostpatina" kann also wirklich erhalten bleiben. 
Weniger toll ist der total verdreckte Motor. Immerhin weißt er keine groben Schäden auf und behält offenbar auch sein Getriebeöl brav bei sich. Der Leistungsverlust ist also vermutlich mechanisch begründet. 
Die Zylinderkopfschrauben waren von altem Ölschmier und Straßendreck wie einbetoniert. Sie zu lösen geriet ebenfalls zur Herausforderung. Nach einer weiteren Stunde gelang es aber ohne weitere Schäden anzurichten. 
Auffällig ist der eingebrannte Öldreck in Richtung Unterseite. Der Kopf war nicht mehr wirklich dicht. Eine Kopfdichtung im modernen Sinn gibt es bei diesen Motoren scheinbar nicht, der Kopf hat eine umlaufende Nut die in den Ring auf dem Zylinderblock passt. Hier gehört wohl eigentlich eine Dichtschnur hinein, diese fehlte jedoch. 
Ein weiteres Problem sind sicherlich die total verbrannten Kolbenringe. Auch die Kurbelwelle ist bereits total verkohlt. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Motor am Kolben vorbei geblasen hat. 
Nach einer Reinigung sieht man am Kolbenboden ziemlich deutliche "Kampfspuren". Es macht den Eindruck, als sei der Motor längere Zeit mit minderwertigem Treibstoff gelaufen. Hier ist vermutlich ein neuer Kolben die beste Lösung.
Den mit Ölkohle total zugesetzten Auslasschlitz des Zylinders hatte ich erwartet. Das Moped wurde im Osten mit ziemlicher Sicherheit mit Viertaktöl als Mischöl gefahren. Aber hier lässt sich mit der Feile ja leicht Abhilfe schaffen.
Ebenso unproblematisch ist die uralte Dichtmasse an der Dichtfläche.

Zur restlichen Reinigung liegen Zylinderblock und Kopf jetzt erstmal im Petroleumbad. Mehrwöchiges Einweichen sollte den restlichen Schmutz soweit lösen, dass die Teile wieder benutzbar sind. 
Der nächste Hauptverdächtige bei Leistungsproblemen ist natürlich der Auspuff. Bei der Jawa glücklicherweise eine zweiteilige Konstruktion die leicht geprüft werden kann.
Der Schalldämpfer ist gammelig, aber grundsätzlich in Ordnung. Die Ölkohle im Inneren hält sich in Grenzen und die Durchgänge des Prellblechs sind noch frei. 
Das Teil lässt sich also grundsätzlich wieder verwenden. Der Krümmer hingegen ist leider Schrott.



Das "Nadelloch" zu schweißen ist leider nicht möglich, denn das umliegende Material ist hauchdünn rausgerostet.Beim Schweißversuch verdampfte es einfach.
Der Krümmer, der ohnehin schon zigfach geflickt ist, muss also neu kommen. Ein weiteres Teil, dass schwierig zu beschaffen sein dürfte. Zunächst steht also Teilesuche auf dem Programm.