Im Spätsommer liegt ein seltsam betörender, süßlicher Geruch über den Hopfengärten. Ein Zeichen dafür, dass die Ernte nahe ist. Vorbei an Geisenfeld geht es, auf kleinen Nebenstraßen, in südlicher Richtung zunächst nach Rohrbach und dann nach Pfaffenhofen an der Ilm.
Pfaffenhofen ist, nicht offiziell aber doch gefühlt, auf dieser Reise das Tor zu Oberbayern. Die Hopfengärten verschwinden und werden von weitem, offenen Bauernland abgelöst. Sanfte Hügel mit grünen Wiesen und weite, größtenteils schon abgeerntete Felder unter blauem Himmel. Eine Postkartenlandschaft im besten Sinne, durch die sich die, am Wochenende angenehm wenig befahrene, B13 schlängelt, der ich bis Fahrenzhausen folge. Von dort aus geht es auf kleinen Nebenstrecken über Dachau nach Fürstenfeldbruch, eine Sache die ihre ganz eigenen Herausforderungen bereithält.
Die B471 ist die Hauptstraße zwischen Dachau und Fürstenfeldbruck, viel befahren, teilweise autobahnartig ausgebaut und fast durchgehend Kraftfahrstraße. Auf Rollertour will ich solche Strecken nicht benutzen, mit dem Centro ist es ohnehin nicht erlaubt. Umfahrungen sind nicht beschildert und müssen sich Ort für Ort aus der Karte erarbeitet werden.
In Fürstenfeldbruck grüßt das alte Kloster Fürstenfeld und markiert den Beginn eines ruhigeren, sauber beschilderten, Streckenabschnitts. Durch die grüne Waldlandschaft der Amperauen geht es nach Süden auf den Ammersee zu. Ich biege allerdings schon vorher, in Grafrath, etwas nach Osten ab und fahre über Wörthsee zum gleichnamigen Gewässer. Seefeld am Pilsensee ist von hier aus der nächste Wegpunkt, bevor der Ammersee bei Hersching erreicht ist.
An der Uferpromenade kommt hier fast südländisches Flair auf und es ist wieder ein Postkartenmotiv. Still auf dem Wasser wippende Segelboote, im Hintergrund der Ausflugsdampfer der sich langsam vom Anleger entfernt. Dazu, wie vom Künstler beiläufig eingestreut, einige Enten und Möwen. Leider ist es zu diesig um die Alpen in der Ferne sehen zu können.
Mich zieht aber ohnehin ein anderer Berg an, von Hersching aus ist es nicht mehr weit zur Ortschaft Andechs und dem gleichnamigen Kloster.
Seit dem 15. Jahrhundert thront die Wallfartskirche Sankt Nikolaus und Sankt Elisabeth hoch über dem Land. Das wunderschöne Gotteshaus ist an diesem herrlichen Spätsommertag von Touristenströmen überrannt und kein guter Ort zur stillen Einkehr. Die meisten Tagesausflügler scheuen dabei jedoch den mühsamen Aufstieg auf den Turm. Von seiner obersten Etage aus bietet sich ein traumhafter Weitblick über das Land und es ist dazu angenehm still.
Ich habe den Turm für mich alleine, bis ein amerikanischer Tourist im Treppenaufgang erscheint. Als einziges Mitglied einer Seniorenreisegruppe hat er sich an den mühsamen Aufstieg gewagt. Wir unterhalten uns einige Zeit recht angenehm und ich bin erstaunt zu erfahren, dass mein Gesprächspartner 93 Jahre alt ist und schon zum zweiten Mal hier. In breitem Texas-Akzent erzählt er von seinem ersten Besuch im Kloster Andechs, 1946 war er als junger GI zum ersten Mal hier.
Die abenteuerliche, extrem steile und enge Treppe mag so alt wie der Turm selbst sein. Dem rüstigen Herrn aus Amarillo bereitet sie erstaunlich wenig Schwierigkeiten.
Vom Kloster aus fahre ich später weiter, zunächst um die Südspitze des Ammersees nach Dießen und dann am Westufer entlang nach Norden. Diese touristisch weniger erschlossene Seite des Sees ist wunderbar ruhig. Ein traumhaftes, weites Land mit lichten Wäldern die immer wieder den Blick auf den See freigeben.
Meinen ursprünglichen Plan zunächst zurück nach Dachau und dann weiter nach Landshut zu fahren lasse ich fallen, vom Nordende des Ammersee aus ist es nur ein kurzes Stück nach Landsberg am Lech und das Lechfeld reizt mich. Die, fast unbefahrene, Landstraße verläuft hier leider unmittelbar neben der A96, entsprechend gerade und geräuschvoll geht es zu, aber bald ist Landsberg erreicht und noch vor dem Ortseingang biege ich in die östlichen Ausläufer des Lechfeldes ab.
Es ist ein Land der weiten Blicke, der grünen Gleichförmigkeit einer scheinbar endlosen Ebene. Ein Land zum träumen und genussvollen Rollern.
Über Penzing geht es zunächst nach Egling und dann in einigen kleinen Schleifen nach Nordosten nach Pfaffenhofen an der Glonn. Odelzhausen ist die nächste größere Ortschaft und mein Blick wandert wiedereinmal auf die Tankuhr des Centro.
Eines der kleinen Nebenziele dieser Tour ist nämlich, die absolute Reichweite des Rollers zu testen. Seinen Tank hatte ich am Morgen kurz hinter Regensburg nochmal gefüllt und schon seit Andechs ruht die Tanknadel friedlich auf dem untersten Anschlag des Instruments. Doch der Roller spult fröhlich Kilometer um Kilometer ab.
Derweit geht es quer durchs nördliche Oberbayern, nach Markt Indersdorf und Petershausen in Richtung Hohenkammer, wo ich zurück auf die B13 will.
Kurz vor Hohenkammer, der Abzweig auf die B13 ist bereits in Sicht, beginnt der Motor zu stottern und geht aus. Ich lasse den Roller in einem Feldweg ausrollen und notiere mir den Tachostand. Die Rechnung am Abend wird ergeben, dass die absolute Reichweite des Centro 286km beträgt und der Verbrauch bei normaler Überlandfahrt 2,9l/100km.
Mit dem Benzin aus dem Reservekanister geht es dann bald weiter, nur wenige Kilometer weiter ist an der B13 eine Tankstelle, an der ich den Tank wieder komplett füllen kann. Danach geht es auf bekannter Strecke zurück nach Paffenhofen an der Ilm, wo ich diesmal jedoch in Richtung Wolnzach abbiege.
Über Wolnzach fahre ich nach Mainburg, wieder zwischen den würzig duftenden Hopfengärten hindurch und lenke den Roller dann endgültig auf heimatlichen Kurs. Über Siegenburg geht es zurück nach Abensberg und über Kelheim nach Regensburg zurück.
Gut 400km mehr stehen am Ende des Tages auf dem Tacho des Centro, der sich bei seiner ersten größeren Ausfahrt wunderbar bewährt hat. Ein idealer Tourenroller ist er trotz der großen Reichweite nicht, zumindest noch nicht, aber das kann ja noch werden. Ein schöner Tag zum Kraft sammeln und Ruhe finden war es allemal.
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