Ape TM: Umbereifung auf 145/70-12, die Theorie

Zu den Dauerbrennern unter den Themen rund um die Ape TM zählt zweifellos die Reifenproblematik. Diese ist vor allem darin begründet, dass die originale Reifengröße der TM schlecht verfügbar ist und die lieferbaren Reifen von teils zweifelhafter Qualität und entsprechend geringer Lebensdauer.
Piaggio erteilt leider keine Freigabe für andere Reifengrößen als die, je nach Baujahr, serienmäßigen Dimensionen 4.00X12 bzw. 125/80-12. Allerdings ist es theoretisch möglich, per Einzelabnahme eine andere Reifengröße eintragen zu lassen, sofern diese einige Grundvoraussetzungen erfüllt.

Dies ist zum einen, dass die montierte Rad-Reifen-Kombination freigängig und ausreichend abgedeckt ist. Eine ausreichende Freigängigkeit ist bei der Ape TM vor allem vorne ein Problem, denn das Vorderrad kommt bereits mit der Serienbereifung der Karosserie sehr nahe. Hinten ist die Freigängigkeit durch die relativ großen Federwege normalerweise kein Problem. Umgekehrt ist es bei der ausreichenden Abdeckung der Lauffläche. Diese ist am Vorderrad problemlos, hinten jedoch bei breiteren Reifen problematisch. Allerdings können die Kotflügel relativ leicht nach außen versetzt werden, denn sie sind lediglich mit Blindnieten am Unterboden befestigt.
Zuletzt muss sich der Reifen auf der vorhandenen Felge montieren lassen, denn es gibt im Falle der Ape TM keine Ausweichmöglichkeit auf andere Felgen als die Originalteile. Hierbei werden nur geringe Abweichungen in den Dimensionen der Reifen akzeptiert. Hier gilt, je weniger desto besser. Eine Abweichung ist pauschal bei der Traglast des Reifens gestattet, allerdings nur nach oben. Der montierte Reifen darf eine höhere Traglastklasse aufweisen als von der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs gefordert, allerdings keine niedrigere. Eine geringere Traglast könnte theoretisch eingetragen werden, wenn das Fahrzeug abgelastet, also sein erlaubtes Gesamtgewicht verringert würde. Damit reduziert sich jedoch auch die Nutzlast, was bei einem Nutzfahrzeug wie der Ape TM nur in Ausnahmefällen sinnvoll ist.

Der wesentliche Knackpunkt liegt jedoch in einem anderen Bereich, nämlich dem Abrollumfang. Sprich dem Außenumfang des Rades. Dieser darf nicht nennenswert vom Serienzustand abweichen, da sich sonst die Antriebsübersetzung des Fahrzeugs verändert und auch die Tachometeranzeige nicht mehr stimmen würde. Normalerweise gilt seitens der Prüforganisationen eine Abweichung im Bereich von -2,5% bis +1,5% als akzeptabel, es hängt jedoch vom Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt also auch hier, je geringer die Abweichung desto besser.

Es muss also zunächst ermittelt werden, wie groß der Abrollumfang der serienmäßigen Bereifungsoptionen ist. Mathematisch betrachtet ist der Abrollumfang ein Kreisring, dessen Umfang sich mit der Formel U=2r*pi errechnen lässt. 2r, also der doppelte Radius ist gleich des Durchmessers. Dieser Durchmesser setzt sich bei einer Felge mit Reifen aus dem Durchmesser der Felge und der zweifachen Höhe des Reifens zusammen. Der Durchmesser der Felge ist bei der Ape TM immer 12 Zoll, also 304,8mm. Die nachfolgenden Rechnungen werden in mm ausgeführt. Für die nachfolgenden Rechnungen sind also folgende Formeln maßgeblich:


Die Reifenhöhe bei Reifen mit metrischer Bemaßung beträgt x-Prozent der Reifenbreite. Bei einem Reifen der Dimension 125/80-12 80% von 125mm, also 0,8*125=100mm. Zur genauen Bedeutung der Reifenbezeichnungen bitte hier nachlesen: https://rollerchaos.blogspot.com/2017/09/schraubertipps-reifenkunde-fur.html
Etwas schwieriger ist die Flankenhöhe bei zölligen Reifendimensionen. Grundsätzlich gilt hier (wie bei metrischen Reifengrößen ohne Höhenangabe) ein anzunehmender Höhenwert von 80%. Allerdings entziehen sich zöllige Reifengrößen teilweise den heute gängigen Normen und weichen davon ab.  Im Rechenbeispiel wird darum einmal von einer Reifenhöhe von 100% ausgegangen und von 80% in einem zweiten Beispiel, somit sind beide Extremmöglichkeiten abgedeckt. Da die zöllige Reifengröße nur bei sehr wenigen TM verwendet wird, ist dies aber ohnehin nur ein Zusatz der Vollständigkeit halber.

Mit diesen Informationen lässt sich der exakte Abrollumfang der beiden serienmäßigen Reifendimensionen einfach errechnen:


Da die zöllige Reifenoption in der Praxis wie gesagt kaum eine Rolle spielt, wird sie ab hier nicht mehr beachtet. Ausgehend von einem Toleranzbereich von -2,5% bis +1,5% für Abweichungen beim Abrollumfang kann nun der maximale Bereich des Abrollumfangs berechnet werden. Hierbei wird von der metrischen Serienoption ausgegangen.
Bei -2,5% liegt der Abrollumfang bei 1546,23mm bei +1,5% bei 1609,67mm

Nun sind diese theoretischen Daten erst einmal nutzlos. Es fehlt noch ein in diesem Bereich nutzbarer und in ausreichender Qualität und Vielfalt lieferbarer Reifen. Aktuell ist hier die Dimension 145/70-12 besonders interessant. Diese Reifengröße wird in Asien von vielen Kleinwagen genutzt und ist daher von vielen Herstellern lieferbar, unter anderem auch als Winterreifen, der den aktuellen Vorschriften genügt. Siehe hierzu bitte auch hier: https://rollerchaos.blogspot.com/2018/10/winterreifenpflicht-fur-zwei-und.html 
Zudem gibt es diese Reifengröße auch in einer ausreichend hohen Traglastklasse.

Die potentielle Zulässigkeit dieses Reifens für die Ape TM lässt sich mathematisch leicht überprüfen:
Der Abrollumfang weicht bei dieser Reifendimension um -0,04% vom Serienzustand ab, ein normalerweise unkritischer Wert. Die geringe Abweichung in der Reifenhöhe von nur 1,5mm gegenüber dem 125/80-12 erlaubt auch eine sichere Montage auf der Serienfelge der Ape TM.

Ob sich diese theoretischen Überlegungen in der Praxis umsetzen lassen, muss sich natürlich noch zeigen. Es sei aber verraten, dass aktuell genau daran gearbeitet wird.

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