Tour: ach wie schön ist Komotau

"Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen." So heißt es und es ist zweifellos wahr. So auch bei diesem Ausflug in die Industriestadt im Norden Böhmens. Dabei war es eigentlich völlig anders geplant.
Geplant war eigentlich, dass ich am Freitag zum Thum nach Freiberg fahre und dann mit ihm zusammen Samstag und Sonntag Frankfurt an der Oder besuche. Darum habe ich mich am Freitagmorgen auf den Weg gemacht, durch den Bayerischen Wald nach Tscheschien und dann weiter nach Sachsen zu fahren. 
Der Chinaroller hatte sich ja wie berichtet bei ausgiebigen Testfahten bewährt, entsprechend optimistisch war ich, trotz der Regenwolken am Horizont.
Der Grenzübergang bei Furth im Wald war dann auch recht problemlos erreicht, leider erwieß er sich nicht nur als Landes-, sondern auch als Wettergrenze. Denn Böhmen empfing mich mit dem was ich "Streifenregen" nenne, also einem Wechsel von leichtem Regen und halbwegs trockenen Streckenabschnitten. Da es trotzdem relativ warm war keine allzu unangenehme Sache. 
Immer entlang der Nationalstraße 26 ging es bis nach Pilsen und dann weiter, auf der 27 in Richtung Norden, vorbei am alten Kloster von Plasy, ab dort dann auch ohne den langsam lästig werdenden Streifenregen. In der Ortsdurchfahrt von Jesenice gab es dann einen kleinen Dämpfer für meine gute Laune, denn plötzlich ging der Motor des Rollers aus. Ein kurzer Check förderte keinen Fehler zu Tage und tatsächlich sprang er auch sofort wieder an und ich konnte weiterfahren. Leider nicht besonders weit, denn in Zatec, genau auf einem großen und vielbefahrenen Kreisverkehr, gab der Motor endgültig den Geist auf. 
Natürlich passiert soetwas genau dann, wenn man im dichten Verkehr unterwegs ist und sich ein schwerer LKW unmittelbar hinter einem befindet. Der Fahrer des Trucks erkannte jedoch sofort, dass ich ein Problem hätte und gab mir mit eingeschaltetem Warnlicht Deckung, so konnte ich den Roller gefahrlos zu einer Parkbucht schieben. Ein schönes Beispiel für gelungene Zusammenarbeit im Straßenverkehr. Eine Kunst, die in Deutschland leider nur noch sehr wenige beherrschen, in Tschechien aber noch recht gut funktioniert.
An der Tatsache, dass ich ersteinmal gestrandet war änderte dies natürlich nichts. Mechanisch scheint der Motor in Ordnung zu sein, doch die Zündung gab keinerlei Lebenszeichen mehr von sich. Ohne Zündfunken kann der Motor aber nicht laufen. Eine Reparatur am Straßenrand ist in so einem Fall leider unmöglich, es blieb also nur den Autoclub anzurufen und geduldig zu warten.
Es hat leider den Anschein, als seien, trotz deutlicher Zeichen für Geschäftsbeziehungen ins Reich der Mitte, Chinaroller in Tschechien eine ausgesprochen rare Erscheinung. Es gibt schlicht kein  Werkstattnetz und auch die Beschaffung von Ersatzteilen vor Ort ist wohl nicht ohne weiteres möglich. Darum blieb nichts anderes übrig, als den Roller zum Verwahrplatz des Abschleppunternehmens in Komotau zu transportieren.
Mit einem Abschleppwagen, der weder zum Transport von Zweirädern ausgerüstet ist eine Sache für sich. Den Roller auf dem uralten Transporter zu sichern überforderte den scheinbar recht unerfahrenen Fahrer sichtlich, aber mit vereinten Kräften war es dann doch zu bewerkstelligen.
Spät am Abend kamen wir so in Komotau an, in einem mehr oder weniger verlassenen und verwahrlosten Industriegebiet am Stadtrand und ohne genaue Kenntnis der Adresse eine ziemlich interessante Angelegenheit. Der Roller stand zwar gut und sicher auf dem Verwahrplatz, ich jedoch war ziemlich verlassen in einer Gegend, die mehr an das Set für einen postapokalyptischen Actionfilm denn an einen guten Ort für einen freien Tag erinnert.
Nach einigem Herumlaufen fand ich dann einen Skodahändler der zwei große Vorteile bot. Zum Einen gab es auf dem Parkplatz vor dem Geschäft eine Sitzbank und zum Anderen bot das Autohaus offenes W-LAN, was die bevorstehende Wartezeit angenehmer machte. 
Einige Telefonate mit dem Autoclub förderten zu Tage, dass es weder möglich sei mir einen Mietwagen zur Weiterfahrt noch eine Übernachtung in Komotau zu organisieren. Die letzendliche Lösung sei, dass ein Mitarbeiter des tschechischen Partnerclubs aus Prag nach Komotau fahren und mich dann nach Hause bringen würde. Es blieb also nichts anderes übrig als einige Stunden zu warten und die einzige lebende Gesellschaft zu genießen, die das nächtliche Industriegebiet bot: Einen einsamen Igel.

 
Kurz nach Mitternacht erreichte der Autoclubmitarbeiter mich dann endlich und es ging auf die nächtliche Autobahn nach Regensburg zurück. Gegen halb drei in der Nacht war ich wieder zu Hause, um einige recht interessante Erfahrungen reicher und in der Meinung bestärkt, dass Tschechien ein ausgesprochen interessantes Reiseland ist. Ganz zu Ende ist diese Geschichte aber natürlich noch nicht, denn der Roller steht ja immer noch in Komotau und muss geborgen werden ...

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