Mittwoch, 31. Januar 2018

Tour: unterwegs im Odenwald (Juni 2010)



Die Idee zu dieser Tour hatte Andre im April 2010 im Forum von roller-forum.de * veröffentlich. Er hatte dies mit der Anfrage verbunden, ob ihn jemand begleiten möchte. Ich hatte zugesagt, denn der Odenwald ist eine schöne, viel zu selten besuchte Region die sich perfekt für genussvolle Rollerausfahrten eignet. Zudem war meine Cosa gerade fertig geworden und die Tour bot sich als Testfahrt geradezu an. Außerdem hatte sich Christian als Begleiter auf Teilstrecken angekündigt, es sollte also eine bunte Gruppe werden. So waren wir dann, vom 3. bis zum 5. Juni 2010 unterwegs im Odenwald.

reisebereit steht die Cosa am Vorabend der Tour in der Tiefgarage

Tag 1
Wenn ein Tourentag schon mit Dauerregen beginnt, drückt das natürlich auf die Stimmung. Die Hoffnung, auch die auf schöneres Wetter, ist jedoch eine zähe Kreatur und so fuhr ich dann doch los. Um Wegstrecke und damit Zeit zu sparen lenkte ich den „Cosaken“ zunächst ein kleines Stück weit auf die Autobahn in Richtung Nürnberg. Auf der nördlichen Donauseite ging es jedoch gleich wieder auf die Landstraße um auf der Abkürzung über Hemau Kelheim zu umfahren und bei Dietfurt ins Altmühltal abzusteigen. Dem Flusslauf folgend ging es zunächst nach Beilngries und dann weiter nach Greding und Weißenburg.

Bushaltestellen sind praktisch, denn man kann sich in ihnen vor dem Regen verstecken.

Es ist allerdings ziemlich ungemütlich, wenn dies zum Dauerzustand auf der Tour wird.
Mein ursprünglicher Plan sah vor, dass ich unterwegs den Altmühlsee besuchen und dann weiter in Richtung Nordwesten fahren wollte. Da der Regen jedoch ab Weißenburg so an Stärke gewann, dass er das Fahren zur reinen Tortur werden ließ, ließ ich den See aus und fuhr direkt weiter nach Dinkelsbühl. Leider gelang es auch weiterhin nicht dem schlechten Wetter zu entkommen und meine Motivation war bald ebenso ersoffen wie der größte Teil meines Gepäcks. In Ingersheim, einem Vorort von Crailsheim, hatte ich dann endgültig genug. Der Gasthof zum Fuchsen war doch deutlich einladender als eine verregnete Landstraße. 
Ich hatte kein einziges trockenes Gepäckstück mehr. Zum Glück war das Zimmer schön warm.
Das dort vorhandene, warme und trockene Zimmer brachte die Erlösung vom Regenkampf. Das im besten Sinne gut bürgerliche Abendessen und der positive Wetterbericht für den Folgetag sorgten dann sogar wieder für gute Laune. Das ebenso gute Bier des Wirts sorgte hingegen für den Nachtschlaf an dessen Qualität es ebenfalls nichts auszusetzen gab.

"zum Fuchsen" wurden für mich "zum rettenden Hafen"

Abendstimmung in Ingersheim, nachdem der Regen nachgelassen hatte.


Tag 2
Da ich ja eigentlich schon am Vorabend im Odenwald ankommen wollte, begann der zweite Reisetag früh. Bereits um halb sechs klingelte der Wecker und es ging kurz darauf wieder zurück auf die Straße. Dichter Nebel hatte den Regen abgelöst, ein deutlich angenehmeres Wetterphänomen für den Rollertouristen. 
Nebel ist nicht nur angenehmer als Regen ...

... er gibt der Landschaft auch ein magisches Licht.
Glücklicherweise erlaubte die Cosa nicht nur beschauliches Landstraßengebummel sondern auch Kilometerfressen mit höherer Geschwindigkeit. Bei Schwäbsich-Hall nahm ich die A6 in Richtung Bad Rappenau. Dort wartete Christian auf mich und gegen acht Uhr konnten wir gemeinsam den Weg in Richtung Odenwald antreten. Diese von herrlichem Sonnenschein begleiteten Kilometer in der Postkartenlandschaft des Neckartals, das hier den Odenwald berührt, entschädigten für die mühsame Regenschlacht des Vortages.

Bad Rappenau im Sonnenschein, das freut den Autor dieses Berichts

Neckartal und Odenwald gehen in einer Postkartenlandschaft ineinander über.
Überhaupt, was für eine Landschaft ist eigentlich der Odenwald? Schon der Name ist geheimnisvoll, denn Ode bedeutete in alter Zeit ungefähr das was wir heute als Sage bezeichnen. Die Legenden aus uralter Zeit sind hier bis heute lebendig. Hinter jedem Fels lauert ein Drachen, in den Höhlen tief unter den Bergen graben die Zwerge nach den Schätzen der Erde und Hagen von Tronje schleicht noch immer in den Wäldern umher, auf der Suche nach dem jungen Held Siegfried den er hier einst feige mordete. Es ist das Land der Nibelungen, der Gnome und der Elfen.
Dieses völlig reale Land der Fantasie erstreckt sich, von der oberrheinischen Tiefebene im Westen aus gesehen, in einer geraden, fast wie mit dem Lineal gezogenen, Linie. Als hätte ihn ein überirdisches Wesen einfach hier abgelegt. Im Norden ist der Odenwald sanfter, geht fast unmerklich in das Hügelland von Reinheim über, während er sich im Osten langsam im Maintal verliert oder mit dem Spessart vereinigt. Seine geologische Geschichte ist fast so gewalttätig wie viele der hier angesiedelten Legenden, denn der Odenwald ist vulkanischen Ursprungs. Vor Urzeiten tobte hier das Magma aus dem Herzen der Erde und warf gewaltige Feuerberge auf. Die Kräfte von Wind und Wasser, von Frost und Hitze, haben diese Höllenschlote im Laufe der Jahrtausende auf ein menschlich angenehmes Maß, zu einem sanften Mittelgebirge, gestutzt. Nur der immerhin 626 Meter hohe Katzbuckel, der als höchste Erhebung den Odenwald krönt, hat noch den Großteil seiner einstigen Höhe behalten.
Die unwirtliche, in früheren Zeiten schwer zugängliche, Landschaft des Odenwaldes führt dazu, dass sich hier eine vom Umland unterschiedliche Kulturinsel gebildet hat. Eine eigentümliche Gemeinschaft von Waldbauern und Bergleuten, die über einen eigenen Dialekt, eigene Bräuche und eigene Tracht verfügt. Es mutet seltsam an, dass ausgerechnet diese entlegene Region einst eine Hochburg der Elfenbeinschnitzerei war. Aus dem tiefsten Afrika und den fernen Urwäldern Asiens fanden die Stoßzähne der Dickhäuter ihren Weg in die Hände der Kunsthandwerker. Heute ist dies glücklicherweise nur noch Geschichte. Die Schnitzer gibt es aber noch immer, jedoch verarbeiten sie heute künstlich herstellten Elfenbeinersatz, Speckstein oder Holz.

Hirschhorn am Neckar, bewacht von der alten Burganlage, war für uns auf dieser Reise das Portal in diese, von Geschichte und Geschichten so reiche Region. Am Campingplatz trafen Christian und ich mit Andre zusammen, die Beiden halfen mir noch mein Zelt aufzustellen, bevor sich Christian leider wieder auf den Heimweg nach Bad Rappenau machen musste. Ihn sollten wir erst am Nachmittag wiedersehen.

Andre und Christian am Campingplatz.
Andre und ich fuhren derweil auf kleinsten Nebenstraßen durch den Odenwald. In nördlicher Richtung war Beerfelden unser erstes Ziel. Von dort aus winden sich zahlreiche verlockende Straßen durch das sanfte Hügelland. Eine davon führt auch nach Höchst im Odenwald. 
unterwegs im Odenwald
Die 10.000 Einwohner Stadt liegt in einem weiten Talgrund der bereits seit prähistorischen Zeiten besiedelt ist. Auch die Römer fanden Gefallen an der Gegend und bauten hier eine Siedlung. Heute gibt sich das Städtchen weltoffen und touristisch. Wir fanden auf der Terrasse eines kroatischen Restaurants ein angenehmes Plätzchen zum Mittagessen und fuhren dann gestärkt und ausgeruht weiter über Bad König nach Michelstadt. Dort wartete der Höhepunkt unserer kleinen Runde durch den Odenwald auf uns, das Motorradmuseum von Gerd Klug**. Eines jener kleinen, sehr sehenswerten Privatmuseen die mehr an eine mittelalterliche Wunderkammer denn an eines der modernen, durchgestylten Schauhäuser erinnern und genau darum so reizvoll sind. Die zahlreichen Exponate, aus den Pioniertagen bis in die Neuzeit, sind hauptsächlich Gebrauchsmaschinen deutscher Hersteller, eben jene Roller, Mopeds und Motorräder, die einst die Maßen mobilisierten. Heute fast vergessene Namen wie Adler, Miele und D-Rad sind ebenso vertreten wie die berühmten Maschinen von Horex, NSU und Zündapp.

Das Motorradmuseum von Gerd Klug in Michelstadt ist ein besonderer Schatz.


Von Michelstadt aus fuhren wir auf direktem, deshalb aber nicht weniger reizvollem, Weg zurück nach Hirschhorn. Jedoch nicht direkt zum Campingplatz, sondern hinauf auf den Burgberg. Die Burg wacht seit dem 13. Jahrhundert über den Ort, Christian musste nicht ganz so lange auf uns warten, trotzdem freuten wir uns über das zeitige Wiedersehen, das mit einem gemütlichen Grillabend auf dem Campingplatz gefeiert wurde.
Burg Hirschhorn




Tag 3
Der Morgen stand dann im Zeichen des Aufbruchs. Nach einem gemeinsamen Frühstück packten Andre und ich unsere Sachen zusammen und beluden die Roller. Gegen 10 Uhr war dann alles bereit und wir verabschiedeten uns. Für Andre war es nur eine kurze Fahrt in seine hessische Heimat bei Frankfurt, ich hatte jedoch eine ordentliche Strecke vor mir. Trotzdem gab es keinen Grund zur Hetze, denn bei strahlendem Sonnenschein macht gemütliches Rollerfahren im Neckartal besonders viel Spaß. In weiten, sanften Bögen durchschneidet der Fluss das Land und die Straße folgt ihm. So geht es, vorbei an vielen Burgen und den zahlreichen Staustufen des Neckartals, nach Heilbronn wo sich das Land öffnet. Vorher statte ich jedoch noch der Burg Zwingenberg einen Besuch ab. 

Zahlreiche Staustufen nutzen die Kraft des Neckar zur Stromerzeugung.
Burg Zwingenberg
Nach dem Hügelland des Odenwaldes habe ich keine Luft auf endloses Kilometerfressen auf den schnurgeraden Landstraßen der Region. Darum kürze ich wieder etwas ab und fahre auf die A6 in Richtung Nürnberg und brenne mit Höchstgeschwindigkeit über das Betonband. Bei Crailsheim fahre ich dann ab und es geht wieder gemütlicher zu. 
Eine freie Straße und ein herrlicher Sommertag, was will man mehr?
Diesmal nehme ich das fränkische Seenland mit und genieße die herrliche in der Sonne glitzernde Fläche des Altmühlsees während der Mittagsrast. Anschließend fahre ich durchs Altmühltal nach Süden, biege aber noch nach Berching ab und besuche Bekannte. 

Bei einem Eisbecher und in lieber Gesellschaft beschließe ich die Tour für mich, was folgt ist nur noch nach Hause fahren auf hinlänglich bekannter Strecke. Die Sonne versinkt langsam hinter der historischen Stadtmauer von Berching, während wir noch immer beisammen sitzen und erzählen. Christiane und Sebastian sind ebenfalls Rollerfahrer, es gibt also genug Gesprächsstoff.




Hinweise:
* Das Forum von roller-forum.de war seinerzeit eine beliebte Plattform zur Tourenplanung. Leider existiert es schon seit vielen Jahren nicht mehr.
** Nach den aktuell vorliegenden Informationen existiert dieses schöne kleine Privatmuseum leider nicht mehr (Stand 01/2018).
 

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