Die Planung zur sogenannten
"Wild East Tour" begannen bereits im Dezember 2009 im Forum von
rollerforum.de. Die Idee eine Reise durch einen Teil der ehemaligen DDR zu
unternehmen lag, gut 20 Jahre nach Wiedervereinigung und Fall des "eisernen
Vorhangs", irgendwie nahe. Der Termin war zwar etwas früh im Jahr gewählt,
so dass die Witterung leider nicht perfekt war, aber so konnte Thomas noch vor
einer, beruflich bedingten, längeren Abwesenheit mitfahren. Geplant war in vier
Tagen von Regensburg über Suhl, Zwickau, Dresden und Pilsen einen etwa 1.000km
langen Bogen durch den "wilden Osten" zu drehen, ein Plan der dann
jedoch kurzfristig geändert werden musste. Auch diese Tour bestätige also
wieder die beim Reisen allgemein gültige Regel, dass nichts so beständig ist
wie die Veränderung.
Erster Tag, von Regensburg nach Jüchsen
Nach einigen Vorbereitungen
konnten Thomas und ich in den Morgenstunden des 2. April (Karfreitag) in
Regensburg aufbrechen und uns auf dem Weg nach Heroldsberg bei Nürnberg machen.
Dort wollten wir uns gegen 10:30 Uhr mit Wolfgang treffen. Der erste Abschnitt
der Strecke über Deuerling und Hemau nach Neumarkt in der Oberpfalz erwies
sich, durch Kälte und Nebel, als reichlich ungemütlich zu befahren.
Sonnenschein bei Neumarkt, endlich! |
In Neumarkt holten wir dann
jedoch endlich die Sonne ein. Das Frankenland empfing und mit ungetrübtem
Sonnenschein und der weitere Verlauf der Fahrt nach Heroldsberg brachte dann
ungetrübte Reisefreude Selbst eine kleine Panne mit einer defekten Zündkerze,
die meinen Neo`s kurzzeitig außer Gefecht setzte konnte diese nicht trüben. In
Heroldsberg, das wir mit geringer Verspätung erreichten, wartete dann schon
Wolfgang mit seinem Trabant auf uns. Da Wolfgang über keinen tourentauglichen
Roller verfügte, hatte er sich kurzfristig entschlossen, die Reise mit seinem
gelben „Volkswagen-Ost“ anzutreten.
Wolfgangs Trabi, stilecht mit dem Tourenlogo verziert. |
Uns führte der Weg von
Heroldsberg zunächst nach Coburg. Die Burg hoch über der Stadt lockte uns,
jedoch hatten sich die Stadtväter Coburgs offensichtlich das Ziel gesetzt, den
Weg dorthin geheim zu halten. Mehrmals mussten wir nach dem Weg fragen, denn
die Beschilderung war im besten Falle verwirrend, im schlechtesten nicht
vorhanden. Reisende lassen sich aber normalerweise nicht aufhalten, darum
fanden wir zuletzt doch noch unseren Weg hinauf zu den historischen Mauern.
Seit dem 10. Jahrhundert wacht
die Veste über die Stadt, sie war bereits ein gutes halbes Jahrtausend als, als
Martin Luther hier 1530 einige Zeit verbrachte.
Die Vest Coburg, weithin sichtbar und doch gut versteckt. |
Grenzgänger unter sich |
Kurz hinter Coburg passierten
wir dann das, was 20 Jahre zuvor noch die Demarkationslinie zwischen den zwei
großen Machtblöcken des kalten Krieges gewesen war. Heutzutage wird man
glücklicherweise nur noch von einem Hinweisschild über diesen Umstand
unterrichtet. Diesen Ort jüngerer, deutscher Geschichte ließen wir schnell
hinter uns und fuhren durch Thüringen nach Suhl. In der alten Industriestadt am
Rennsteig trafen wir uns mit Andre, dem Vierten im Bunde auf dieser Tour, und
besuchten noch das dortige Fahrzeugmuseum. Die sehr vielschichtige und
sehenswerte Sammlung des Fahrzeugmuseums Suhl erzählt, nicht nur, die Geschichte
des Fahrzeugbaus in Suhl. Von Suhl aus ging es dann das letzte Stück nach
Jüchsen, wo wir auf dem Bauernhof einer Verwandten von Andre campen durften.
Eine reichlich ungemütliche, weil extrem kalte Nacht stand uns bevor, doch auch
dies kann auf einer solchen Reise nicht schrecken. Es ist doch ein schönes
Gefühl, abends stundenlang mit guten Freunden am Lagerfeuer zu sitzen.
DDR-Zweiräder im Suhler Museum |
Was viele nicht (mehr) wissen: Simson war einst eine luxeriöse Automarke. |
Lagerfeuer an einem kalten Abend in Jüchsen |
Zweiter
Tag, von Suhl nach Zwickau
Am nächsten Morgen fuhren wir
von Jüchsen zunächst zurück nach Suhl, wo wir uns noch die Sammlung des
Waffenmuseums angesehen haben. Dies erwies sich im Nachhinein als Fehler. Zwar
war der Besuch des Museums hoch interessant, allerdings kostete er uns so viel
Zeit das wir anschließend unseren Plan an diesem Tag bis Dresden zu fahren
aufgeben mussten. Ein kurzer Blick auf die Karte zeigte, dass Zwickau ein
wesentlich sinnvolleres Ziel darstellte.
Endlich hat Wolfgang ein Gewehr in seiner Größe gefunden. |
Das Jägerdenkmal vor dem Museum verleitet zu blödsinnigen Fotos. |
Die Strecke in diese andere,
traditionsreiche Industriestadt, führt von Suhl aus zunächst quer durch den
Thüringer Wald. Diese einstmals als „grüne Lunge der DDR“ bekannte Gegend ist
heute zum größten Teil Landschaftsschutzgebiet und dient immer noch als
Zufluchtsort geplagter Stadtbewohner, nun allerdings nicht mehr ausschließlich
aus dem Ostteil Deutschlands. Für uns bedeutete der Thüringer Wald vor allem
Fahrspaß auf den wunderschönen Straßen der Region.
Pause im Thüringer Wald |
In Zwickau begaben wir uns
auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Fündig wurden wir im Hotel
Merkur, einer liebenswürdig schrulligen Zeitkapsel. Das Doppelzimmer, das ich
mit Thomas bezog, war wohl seit den Tagen des real existierenden Sozialismus
nicht mehr renoviert worden, selbst der Partei- und Staatschef Honecker hing
noch an seinem angestammten Platz über dem Bett. In Wolfgangs und Andres
Zimmer, das ansonsten nicht viel anders war, wachte hingegen der Genosse
Chruschtschow über den Schlaf der Hotelgäste.
Der Trabi ist wieder zu Hause. |
Am Abend fuhren wir noch mit
Wolfgangs Trabant zu dessen Geburtsstätte. Das ehemalige Sachsenringwerk, das
seinerseits aus den Überresten der kriegszerstörten Horchfabrik entstanden war,
beherbergt heute das August Horch Museum, das die Geschichte Zwickaus als
Automobilstandort beleuchtet. Insbesondere die Marken der Autounion sowie
Sachsenring werden dort beleuchtet. Wir konnten die Sammlung jedoch nicht mehr
besichtigen, es war einfach schon zu spät am Abend. Natürlich konnten wir vier Spielkinder uns einen kleinen Spaß mit dem, für vier Erwachsene Männer nicht sonderlich bequemen, Auto nicht verkneifen.
Dritter
Tag (Ostersonntag), von Zwickau nach Hrascholusky
Nach einem gemütlichen
Osterfrühstück, unter dem wachsamen Blick eines etwas angestaubten Lenin, ging
es dann wieder zurück auf die Straße. Beim Frühstück hatten wir beraten was wir
machen sollen, die Tour um einen Tag verlängern und Dresden mitnehmen ging
nicht, denn Thomas musste am Dienstag wieder bei seiner Arbeit sein. Darum
fuhren wir direkt weiter nach Tschechien. Vorher verabschiedeten wir uns
allerdings noch von Andre, dieser wollte zurück nach Jüchsen um noch etwas Zeit
mit seinen Verwandten zu verbringen, bevor er zurück nach Hessen fuhr.
Süßwasserspeichersee bei Sosa im Erzgebirge. |
Für uns ging es jedoch zunächst
ins Erzgebirge. Vorbei an Schneeberg und Aue und, als malerischer
Zwischenstopp, zum Süßwasserspeichersee bei Sosa. Hier, an der Grenze von
Sachsen nach Böhmen, ist die europäische Einigung sehr weit fortgeschritten.
Den Grenzübergang hätten wir fast übersehen, so nahtlos sind hier die
Nachbarländer zusammengewachsen. Wir genießen diese Freiheit auf den
wunderschön gewundenen Nebenstraßen von Kraslice über Sokolov nach Karlsbad.
Irgendwo in einem Böhmischen Dorf. |
Die Burg von Bekov ist sehr sehenswert. |
Hinter Karlsbad wird das Land offener und die Straße gerader. Wir rollen durch
die weite Agrarlandschaft in Richtung Pilsen. Kurz vor der Großstadt biegen wir
nach Hrascholusky ab. Die kleine Ortschaft liegt einige Kilometer südlich von
Pilsen und dort gibt es einen wunderschönen Campingplatz. Dieser liegt auf
Terrassen an einem kleinen Stausee.
In der Hauptsaison kann man mit einem
kleinen Schiff Rundfahrten auf dem See machen, wir sind dafür zu früh hier und
das Wasserfahrzeug hält noch auf dem Trockenen Winterschlaf. Als Alternatives
Abendprogramm lassen wir uns im Restaurant des Campingplatzes Kutteln und
böhmische Knödel schmecken bevor wir den Tag am Lagerfeuer ausklingen lassen.
Kutteln sind nicht jedermanns Sache. |
Vierter
Tag (Ostermontag), zurück nach Regensburg
Die knapp 160km lange Rückfahrt nach
Regensburg durch das böhmisch/bayerische Grenzgebiet stellt keine besondere
Herausforderung dar und ist arm an Sehenswürdigkeiten. Zudem ist es ein
düsterer, recht ungemütlicher Tag weshalb wir schnell aufbrechen und uns dem
Kilometerfressen hingeben.
Ein düsterer Ostermontag in Tschechien. |
Auf den kleinen Nebenstraßen im Böhmerwald ein
Genuss, auch an einem so trüben Tag. Viel zu schnell erreichen wir kurz hinter
Domažlice die Grenze und sind zurück in Deutschland. Furth im Wald und Cham
fliegen vorbei und in Falkenstein halten wir
zu einem späten Frühstück an. Von dort aus sind es nur noch wenige
Kilometer nach Regensburg. Der Kreis hat sich geschlossen, Thomas, Wolfgang und
ich gehen noch gemeinsam Mittagessen. Ein dicker Hamburger im American Diner
ist ein guter Abschluss für diese Reise in den wenig wirklich wilden, dafür aber
sehr sehenswerten Osten. Wir werden wieder kommen, soviel steht fest!
Falkenstein mit Burg und Osterbrunnen. |
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