Eines der ältesten Sprichwörter lautet: „Der Mensch denkt,
doch Gott lenkt.“ Wie wahr dies ist, hat sich auch 2012 beim Forentreffen von
roller-forum.de gezeigt. Zunächst gab es Pläne sich an einem See in Nordrhein-Westfalen
zu treffen, doch daraus wurde nichts weil, aus ganz unterschiedlichen und
durchaus guten Gründen, die Teilnehmerzahl immer kleiner wurde. Letztlich wurde
dieser Plan komplett fallen gelassen und wir trafen uns nur zu dritt, zu Hause
bei Christian in Bad Rappenau.
1. Tag
Der 27. war ein Freitag, für Christian ein ganz normaler
Arbeitstag und so war klar, dass wir uns erst am Abend treffen konnten. Für
mich bedeutete dies, trotz der relativ langen Anfahrtsstrecke von immerhin gut
350km, dass ich es gemütlich angehen lassen konnte. Entsprechend spät, erst
gegen 10 Uhr, brach ich in Regensburg auf, Kurs nach Nordwesten und den
herrlichen Sommertag genießend.
Den
Weg von Regensburg aus über Kelheim, Denkendorf und das Altmühltal nach
Eichstätt habe ich schon in vielen Tourenberichten beschrieben, der Leser möge
mir daher verzeihen, dass ich diesen hier nur kurz erwähne und Eichstätt, die
alte Bischofs- und Universitätsstadt im Altmühltal zum Ausgangspunkt der Reise
mache.
im Altmühltal |
Markus war zu diesem Zeitpunkt leider selbst auf Tour und erkundete
Frankreich, weshalb ich keinen Stopp im Schatten der Willibaldsburg einlegte,
sondern direkt weiter fuhr. Von
Eichstätt aus steigt die Straße steil auf, aus dem von der Altmühl in
Jahrmillionen langer Erosionsarbeit gegrabenen Tal, hinauf auf die
sonnenbeschienene Hochebene.
Vorbei an den berühmten Steinbrüchen, in denen bis
heute die besten Plattenkalke der Welt gewonnen werden und deren Gesteinslagen
die Gelehrten im Buch der Erdgeschichte lesen, weiter in die nächste
Kreisstadt. Hoch über Weißenburg grüßt die Wülzburg den Reisenden, auch sie
lasse ich heute einfach nur an mir vorbei ziehen und lenke meinen treuen, alten
(vor der Tour durch umfangreiche Revisionsarbeiten aber wieder zu alter Kraft
gekommenen) Neo`s in Richtung Gunzenhausen.
Der dreizehn Jahre alte Roller trägt mich
gut in die inoffizielle Hauptstadt des Fränkischen Seenlands. Der Altmühlsee
liegt direkt vor ihren Toren und glitzert im Licht der Mittagssonne. Die weißen
Seegel einiger Boote zeigen, dass ich mich nicht als einziger am herrlichen
Sommerwetter erfreue. Einige Kilometer weiter, auf einer ruhigen Waldlichtung,
die ich nur mit einigen Bienen teilen muss, halte ich zur Mittagsrast an. Die
Bäume des Nadelmischwaldes spenden wohltuenden Schatten an diesem heißen
Sommertag.
Nach der Mittagspause fahre ich weiter
und bald verändert sich die Landschaft. Die flache Hochebene wird langsam welliger
und einige jähe Anstiege und Gefälle künden von der Nähe der Schwäbischen Alb. Zwischen
Feuchtwangen und Crailsheim passiere ich die Landesgrenze zu Baden Württemberg
und nehme Kurs auf Schwäbisch Hall. Die von altem Fachwerk geprägte Altstadt
dieser, wohl hauptsächlich durch einen ortsansässigen Finanzdienstleister
bekannten Stadt, lässt mich kurz verweilen. Schwäbisch Hall liegt an den Hängen
des schmalen, aber tiefen Tales der Kocher. Der Turm der gotischen St. Michaels
Kirche überragt die Fachwerkhäuser der mittelalterlichen Altstadt.
St. Michael zu Schwäbisch Hall, die Hauptkirche der malerischen Stadt im Kochertal. |
Nach einem kurzen Stadtrundgang fahre ich
weiter in Richtung Öhrigen. Nachdem mein Roller sich gerade erfolgreich auf die
Höhe hinauf gekämpft hat und ich die Aussicht über das Kochertal kurz genießen
kann, geht es noch vor Öhringen erneut, über an alpines Geläuf erinnernde,
Serpentinen hinab ins Kochertal. Der kleine Ort Braunsbach liegt malerisch im
Kessel des schmalen, tiefen Tales dessen Hänge fast geschlossen von dichtem
Wald bedeckt sind. Wäre nicht die Kochertalbrücke, über die in der Ferne der
Verkehr auf der A6 rollt, die Szenerie mit der hoch über dem Ort thronenden
Burg Braunsbach könnte direkt aus einem Märchenbuch entsprungen sein.
nahezu alpiner Straßenverlauf im Kochertal |
Nachdem das Kochertal zum zweiten Mal
überwunden ist, lasse ich auch die letzten Ausläufer der Schwäbischen Alb
hinter mir. Vor mir öffnen sich die weiten Hügellandschaften, die eine
Überleitung zum Odenwald, der einige Strecke hinter Heilbronn beginnt, bilden.
Verstreute Ortschaften und sehr viel Landwirtschaft, vor allem Wein- und
Obstanbau, prägen die Gegend.
Das geschäftige und mir von früheren Reisen her wohl bekannte Öhringen
umfahre ich auf einer neuen und perfekt geteerten, dabei aber wenig befahrenen
Umgehungsstraße und komme so schnell, vorbei an Hohenstadt und Bad
Friedrichshall, in den Umkreis der Stadt Heilbronn. In der Ferne sieht man die
Wasserdampfsäule aus dem Kühlturm des Neckar-Atomkraftwerkes am Horizont
stehen. Was einst als Triumph der Technik gefeiert wurde, ist heute eher ein
trauriges Mahnmal für die unausrottbare Fähigkeit des Menschen, sich immer
wieder selbst an den Abgrund zu manövrieren. Mit leichtem Schaudern suche ich
mir den Weg nach Bad Wimpfen und fahre, vorbei an der malerischen Altstadt des
berühmten Kurortes nach Bad Rappenau.
Bei dieser Art Treffen ist es
mittlerweile schon zur Tradition geworden, dass ich deutlich zu früh am
Treffpunkt erscheine, so auch dieses Mal. Von Andre und Christian noch keine
Spur, ein kurzer Anruf brachte dann die Erkenntnis, dass diese erst kurze Zeit
vorher aufgebrochen waren, es sollten also noch gut vier Stunden vergehen bis
sie in Bad Rappenau ankommen. Die Zeit bis dahin konnte ich jedoch, dank
Christians Mutter, mit einem guten Essen und entspanntem Beziehen meines
Gästequartiers überbrücken. Es sollte bereits gegen halb zehn Uhr am Abend sein
bis die Erwarteten eintrafen, der Abend wurde dann in gemütlicher Runde noch
lang. Das vorherrschende Thema war dabei der Wetterbericht für den kommenden
Samstag, dieser verhieß wenig Gutes und so entstand der Alternativplan, nach
Speyer zum dortigen Technikmuseum zu fahren und die geplante Rollertour auf
unbestimmte Zeit zu vertagen.
2. Tag
Der Samstagmorgen straft meine
Sticheleien gegen die „Meterolügen“ vom Vorabend leider Lügen. Es regnet, der
Himmel über Bad Rappenau hat die Farbe von geschmolzenem Blei und soweit das
Auge reicht ist kein heller Streifen zu erkennen. Von der Idee mit den Rollern
zur französischen Grenze zu fahren nehmen wir beim Frühstück endgültig Abschied
und beschließen das Technikmuseum in Speyer zu besuchen. Christians Mutter
überlässt uns für diesen Ausflug sogar ihr Auto, so dass wir sicher sein können
nicht nass zu werden. Mit gemischten Gefühlen, eigentlich erfreut über die
freundliche Leihgabe und andererseits enttäuscht, dass wir die Roller stehen
lassen, machen wir uns auf den Weg nach Speyer. Die Fahrt über Autobahn und
Bundesstraße bietet wenig sehenswertes, ist aber auch schnell und komfortabel zurückgelegt.
Das Technikmuseum Speyer ist, als
Nebenstelle des Museums in Sinsheim, zweifellos eines der sehenswertesten
allgemeinen Technikmuseen in Deutschland.
Die bunte, sehr interessante und teilweise
auf sympathische Art chaotische Ausstellung beherbergt historische Autos und Motorräder,
Lokomotiven, Musikautomaten (einige davon beeindruckend groß), Industriemaschinen,
Fluggeräte, Schiffe und seit einiger Zeit auch Raumfahrzeuge.
Seit 2008 befindet sich in der neuen
Raumfahrthalle des Museums der Prototyp der russischen Raumfähre „Buran“
(russisch für Schneesturm!). Das einst als Antwort auf den amerikanischen Spaceshuttle
entwickelte Raumfahrzeug kam nie zum Einsatz. Der Orbiter mit der Baunummer 2, Kennung
OK-GLI der heute in Speyer zu besichtigen ist, absolvierte immerhin 25 bemannte
Flugtests in der Atmosphäre.
Der Einzige Raumflug einer Buran (zwei
Erdumrundungen) fand 1988 ohne Besatzung statt, das Muster in Speyer ist die
einzige Buran die jemals mit Besatzung an Bord flog, im Weltraum ist sie indessen
nie gewesen. Das, von Zeit und politischer Entwicklung überholte, Raumschiff
ist ein seltsam melancholischer Anblick, ein bisschen erinnert es an einen
Vogel mit gestutzten Flügeln, ein Versprechen das nie die Chance hatte in
Erfüllung zu gehen.
Von den Höhenflügen der Raumfahrt kann
man sich im Museum unter anderem an Bord eines U-Bootes erholen, die gruselige
Enge in diesem stählernen Sarg lässt das weite Freigelänge nach dem Ausstieg
noch größer erscheinen. Der alte Seenotkreuzer daneben ist dann doch deutlich
einladender.
Natürlich sind nicht nur die
Raumfahrthalle und die Marinesammlung des Museums eine Reise nach Speyer wert. Auch
die allgemeinen Abteilungen mit einer unüberschaubaren Vielzahl von Exponaten
sind sehr sehenswert, aber der mehrstündige Rundgang macht hungrig und müde.
Christians
Ortskunde sollte hier für sehr leckere Abhilfe schaffen, der von ihm empfohlene
Italiener in der Speyerer Altstadt war ein guter Tipp. Auf dem Weg dorthin
begegnete uns noch der Corso der Traktorfreunde, die an diesem Tag beim Technikmuseum
zum Lanzbulldog-Treffen zusammen gekommen waren.
Während unseres Mittagessens beim
Italiener begann es leider wieder zu regnen, die Himmelsschleusen öffneten sich
und es wurde kurzzeitig wieder sehr nass. Wir entgingen dem glücklicherweise
und schafften es, fast völlig trocken, nach dem Essen den Dom zu erreichen.
Der Dom zu Speyer nimmt unter den großen
Kathedralen des Mittelalters einen besonderen Platz ein. Salierkaiser Konrad
II. lies den Dom um 1025 beginnen, bei seiner Fertigstellung um 1046 war er das
größte Gebäude der Welt. Seine Krypta ist die Grablege der Kaiser aus dem Haus
der Salier. Heute dient der Dom der Diözese Speyer als Bischofskathedrale. Gleichzeitig
ist er, wie viele andere, besonders bedeutende Kirchen auch eine Touristenartaktion.
Als Ort von Andacht und Ruhe taugt er daher nur noch bedingt.
Wir verweilen daher
nur kurz und machten uns dann wieder auf den Weg zum Museumsparkplatz wo wir
das Auto zurück gelassen hatten. Von Speyer ging es dann wieder per Auto
in Richtung Bad Rappenau, jedoch nicht auf direktem Weg, sondern mit einem
Zwischenstopp bei einem lieben Verwandten der in der „Rennstadt“ Hockenheim als
Pastor der Methodistengemeinde wirkt. Leider trafen wir ihn auf dem Sprung an, so
dass der Besuch leider etwas kurz ausfallen musste. Als kleine Entschädigung,
besonders für den sehr Rennsportbegeisterten Christian, besuchten wir dann noch
kurz den Hockenheimring.
Dort fand gerade ein Fahrertraining von Porsche statt,
das einige sehr interessante Eindrücke, optischer wie akustischer Art, bereithielt.
Auf dem Rückweg nach Bad Rappenau wurden wir dann noch angenehm überrascht, das
Wetter hatte sich soweit beruhigt das an eine kleine, abendliche Rollerausfahrt
zu denken war. Bad Wimpfen als Ziel vor Augen genossen wir den herrlichen,
lauen Sommerabend auf unseren Rollern.
Von Bad Wimpfen aus folgten wir dann noch
ein Stück weit dem Neckar um bei Gundelstein wieder Kurs auf Christians
Heimatstadt zu nehmen. Hoch über dem Flusstal grüßt unweit von Gundelstein die
Burg Guttenberg. Das Gemäuer aus dem dreizehnten Jahrhundert beherbergt heute
die Deutsche Greifvogelwarte sowie den Sitz der Deutschen Umweltstiftung. Wir
passieren die Burg auf der engen, kurvenreichen und landschaftlich extrem
reizvollen Straße die uns wieder zurück nach Bad Rappenau bringt.
Fachwerk in Bad Wimpfen |
Neckartal |
In Bad Rappenau schließen wir die Tour mit einem kurzen Besuch des
Gradierwerkes und der historischen Soleförderungsanlagen, die heute Teil des
Kurparks sind, ab.
Der Abend wir dann in gemütlicher Runde
wieder lang. Wir bedauern, dass es morgen schon wieder nach Hause gehen muss,
freuen uns aber auch gleichzeitig auf die Reise und hoffen, von Wetterkapriolen
verschont zu bleiben.
3. Tag
Wir beginnen den Sonntag gemeinsam mit einem
ausgiebigen Frühstück, dann fängt für mich schon um halb Zehn die Rückreise an.
Christian und Andre haben es nicht so weit und können sich et was mehr Zeit
lassen. Der von finsteren Wolken verhangene Himmel mahnt zur Eile und so setze
ich zu einer Heimfahrt ohne unnötig lange Unterbrechungen an.
Auf der, bereits von der Anreise her
bekannten Route geht es zurück. Bad Wimpfen, Bad Friedrichshall, in der Ferne
Heilbronn, dann Öhringen und Schwäbisch Hall, die Orte fliegen geradezu an mir vorbei.
Auf der Anreise hatte ich versäumt im Kochertal die beeindruckende
Autobahnbrücke zu fotografieren, heute nehme ich mir Zeit für einen kurzen, glücklicherweise
trockenen Fotostopp.
Beeindruckendes Panorama mit Autobahnbrücke im Kochertal |
Hinter Crailsheim verfärbt sich der
Himmel, von bleiernem Grau zu schwarz und dann zu schwefelgelb. Mir blitzt ein
einziger Gedanke durch den Kopf: Hagelsturm! Immer wieder sehe ich im
Rückspiegel Blitze zucken, doch das Wetter zieht vorbei, nur ein kurzer Regenschauer
erreicht mich. Bei Weißenburg sollte sich dieses beeindruckende und zugleich
beängstigende Naturschauspiel wiederholen.
(fast) wieder zu Hause: Landesgrenze bei Crailsheim |
Nach Eichstätt wird der Himmel langsam heller,
in Kelheim hole ich die Sonne ein und erreiche Regensburg bei Sonnenschein. Von
der Pentlinger Höhe aus sehe ich meine Heimatstadt vor mir liegen, im Sonnenschein
grüßen die beiden Türme von St. Peter über den Dächern der Stadt.
Drei Tage genussvolles Reisen und eine
gute Zeit mit lieben Freunden liegen hinter mir. Ich hoffe das ich bald wieder
mit ihnen zusammen treffen werde, gleichzeitig bin ich aber auch froh wieder zu
Hause zu sein.
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