Tour: Bad Rappenau und Speyer (Forentreffen von roller-forum.de 27.-29.07.2012)



Eines der ältesten Sprichwörter lautet: „Der Mensch denkt, doch Gott lenkt.“ Wie wahr dies ist, hat sich auch 2012 beim Forentreffen von roller-forum.de gezeigt. Zunächst gab es Pläne sich an einem See in Nordrhein-Westfalen zu treffen, doch daraus wurde nichts weil, aus ganz unterschiedlichen und durchaus guten Gründen, die Teilnehmerzahl immer kleiner wurde. Letztlich wurde dieser Plan komplett fallen gelassen und wir trafen uns nur zu dritt, zu Hause bei Christian in Bad Rappenau.

1. Tag
Der 27. war ein Freitag, für Christian ein ganz normaler Arbeitstag und so war klar, dass wir uns erst am Abend treffen konnten. Für mich bedeutete dies, trotz der relativ langen Anfahrtsstrecke von immerhin gut 350km, dass ich es gemütlich angehen lassen konnte. Entsprechend spät, erst gegen 10 Uhr, brach ich in Regensburg auf, Kurs nach Nordwesten und den herrlichen Sommertag genießend.
Den Weg von Regensburg aus über Kelheim, Denkendorf und das Altmühltal nach Eichstätt habe ich schon in vielen Tourenberichten beschrieben, der Leser möge mir daher verzeihen, dass ich diesen hier nur kurz erwähne und Eichstätt, die alte Bischofs- und Universitätsstadt im Altmühltal zum Ausgangspunkt der Reise mache. 
im Altmühltal

Markus war zu diesem Zeitpunkt leider selbst auf Tour und erkundete Frankreich, weshalb ich keinen Stopp im Schatten der Willibaldsburg einlegte, sondern direkt weiter fuhr. Von Eichstätt aus steigt die Straße steil auf, aus dem von der Altmühl in Jahrmillionen langer Erosionsarbeit gegrabenen Tal, hinauf auf die sonnenbeschienene Hochebene.
Vorbei an den berühmten Steinbrüchen, in denen bis heute die besten Plattenkalke der Welt gewonnen werden und deren Gesteinslagen die Gelehrten im Buch der Erdgeschichte lesen, weiter in die nächste Kreisstadt. Hoch über Weißenburg grüßt die Wülzburg den Reisenden, auch sie lasse ich heute einfach nur an mir vorbei ziehen und lenke meinen treuen, alten (vor der Tour durch umfangreiche Revisionsarbeiten aber wieder zu alter Kraft gekommenen) Neo`s in Richtung Gunzenhausen.
Der dreizehn Jahre alte Roller trägt mich gut in die inoffizielle Hauptstadt des Fränkischen Seenlands. Der Altmühlsee liegt direkt vor ihren Toren und glitzert im Licht der Mittagssonne. Die weißen Seegel einiger Boote zeigen, dass ich mich nicht als einziger am herrlichen Sommerwetter erfreue. Einige Kilometer weiter, auf einer ruhigen Waldlichtung, die ich nur mit einigen Bienen teilen muss, halte ich zur Mittagsrast an. Die Bäume des Nadelmischwaldes spenden wohltuenden Schatten an diesem heißen Sommertag.

Nach der Mittagspause fahre ich weiter und bald verändert sich die Landschaft. Die flache Hochebene wird langsam welliger und einige jähe Anstiege und Gefälle künden von der Nähe der Schwäbischen Alb. Zwischen Feuchtwangen und Crailsheim passiere ich die Landesgrenze zu Baden Württemberg und nehme Kurs auf Schwäbisch Hall. Die von altem Fachwerk geprägte Altstadt dieser, wohl hauptsächlich durch einen ortsansässigen Finanzdienstleister bekannten Stadt, lässt mich kurz verweilen. Schwäbisch Hall liegt an den Hängen des schmalen, aber tiefen Tales der Kocher. Der Turm der gotischen St. Michaels Kirche überragt die Fachwerkhäuser der mittelalterlichen Altstadt.
St. Michael zu Schwäbisch Hall, die Hauptkirche der malerischen Stadt im Kochertal.

Nach einem kurzen Stadtrundgang fahre ich weiter in Richtung Öhrigen. Nachdem mein Roller sich gerade erfolgreich auf die Höhe hinauf gekämpft hat und ich die Aussicht über das Kochertal kurz genießen kann, geht es noch vor Öhringen erneut, über an alpines Geläuf erinnernde, Serpentinen hinab ins Kochertal. Der kleine Ort Braunsbach liegt malerisch im Kessel des schmalen, tiefen Tales dessen Hänge fast geschlossen von dichtem Wald bedeckt sind. Wäre nicht die Kochertalbrücke, über die in der Ferne der Verkehr auf der A6 rollt, die Szenerie mit der hoch über dem Ort thronenden Burg Braunsbach könnte direkt aus einem Märchenbuch entsprungen sein.
 
bei Braunsbach

nahezu alpiner Straßenverlauf im Kochertal

Nachdem das Kochertal zum zweiten Mal überwunden ist, lasse ich auch die letzten Ausläufer der Schwäbischen Alb hinter mir. Vor mir öffnen sich die weiten Hügellandschaften, die eine Überleitung zum Odenwald, der einige Strecke hinter Heilbronn beginnt, bilden. Verstreute Ortschaften und sehr viel Landwirtschaft, vor allem Wein- und Obstanbau, prägen die Gegend.


Das geschäftige und mir von früheren Reisen her wohl bekannte Öhringen umfahre ich auf einer neuen und perfekt geteerten, dabei aber wenig befahrenen Umgehungsstraße und komme so schnell, vorbei an Hohenstadt und Bad Friedrichshall, in den Umkreis der Stadt Heilbronn. In der Ferne sieht man die Wasserdampfsäule aus dem Kühlturm des Neckar-Atomkraftwerkes am Horizont stehen. Was einst als Triumph der Technik gefeiert wurde, ist heute eher ein trauriges Mahnmal für die unausrottbare Fähigkeit des Menschen, sich immer wieder selbst an den Abgrund zu manövrieren. Mit leichtem Schaudern suche ich mir den Weg nach Bad Wimpfen und fahre, vorbei an der malerischen Altstadt des berühmten Kurortes nach Bad Rappenau.
 
Blick über Öhringen
Bei dieser Art Treffen ist es mittlerweile schon zur Tradition geworden, dass ich deutlich zu früh am Treffpunkt erscheine, so auch dieses Mal. Von Andre und Christian noch keine Spur, ein kurzer Anruf brachte dann die Erkenntnis, dass diese erst kurze Zeit vorher aufgebrochen waren, es sollten also noch gut vier Stunden vergehen bis sie in Bad Rappenau ankommen. Die Zeit bis dahin konnte ich jedoch, dank Christians Mutter, mit einem guten Essen und entspanntem Beziehen meines Gästequartiers überbrücken. Es sollte bereits gegen halb zehn Uhr am Abend sein bis die Erwarteten eintrafen, der Abend wurde dann in gemütlicher Runde noch lang. Das vorherrschende Thema war dabei der Wetterbericht für den kommenden Samstag, dieser verhieß wenig Gutes und so entstand der Alternativplan, nach Speyer zum dortigen Technikmuseum zu fahren und die geplante Rollertour auf unbestimmte Zeit zu vertagen.


2. Tag
Der Samstagmorgen straft meine Sticheleien gegen die „Meterolügen“ vom Vorabend leider Lügen. Es regnet, der Himmel über Bad Rappenau hat die Farbe von geschmolzenem Blei und soweit das Auge reicht ist kein heller Streifen zu erkennen. Von der Idee mit den Rollern zur französischen Grenze zu fahren nehmen wir beim Frühstück endgültig Abschied und beschließen das Technikmuseum in Speyer zu besuchen. Christians Mutter überlässt uns für diesen Ausflug sogar ihr Auto, so dass wir sicher sein können nicht nass zu werden. Mit gemischten Gefühlen, eigentlich erfreut über die freundliche Leihgabe und andererseits enttäuscht, dass wir die Roller stehen lassen, machen wir uns auf den Weg nach Speyer. Die Fahrt über Autobahn und Bundesstraße bietet wenig sehenswertes, ist aber auch schnell und komfortabel zurückgelegt.


Das Technikmuseum Speyer ist, als Nebenstelle des Museums in Sinsheim, zweifellos eines der sehenswertesten allgemeinen Technikmuseen in Deutschland. 

Die bunte, sehr interessante und teilweise auf sympathische Art chaotische Ausstellung beherbergt historische Autos und Motorräder, Lokomotiven, Musikautomaten (einige davon beeindruckend groß), Industriemaschinen, Fluggeräte, Schiffe und seit einiger Zeit auch Raumfahrzeuge.
Seit 2008 befindet sich in der neuen Raumfahrthalle des Museums der Prototyp der russischen Raumfähre „Buran“ (russisch für Schneesturm!). Das einst als Antwort auf den amerikanischen Spaceshuttle entwickelte Raumfahrzeug kam nie zum Einsatz. Der Orbiter mit der Baunummer 2, Kennung OK-GLI der heute in Speyer zu besichtigen ist, absolvierte immerhin 25 bemannte Flugtests in der Atmosphäre.
Der Einzige Raumflug einer Buran (zwei Erdumrundungen) fand 1988 ohne Besatzung statt, das Muster in Speyer ist die einzige Buran die jemals mit Besatzung an Bord flog, im Weltraum ist sie indessen nie gewesen. Das, von Zeit und politischer Entwicklung überholte, Raumschiff ist ein seltsam melancholischer Anblick, ein bisschen erinnert es an einen Vogel mit gestutzten Flügeln, ein Versprechen das nie die Chance hatte in Erfüllung zu gehen.
 
Buran in der Raumfahrthalle


Von den Höhenflügen der Raumfahrt kann man sich im Museum unter anderem an Bord eines U-Bootes erholen, die gruselige Enge in diesem stählernen Sarg lässt das weite Freigelänge nach dem Ausstieg noch größer erscheinen. Der alte Seenotkreuzer daneben ist dann doch deutlich einladender.
Natürlich sind nicht nur die Raumfahrthalle und die Marinesammlung des Museums eine Reise nach Speyer wert. Auch die allgemeinen Abteilungen mit einer unüberschaubaren Vielzahl von Exponaten sind sehr sehenswert, aber der mehrstündige Rundgang macht hungrig und müde. 



Christians Ortskunde sollte hier für sehr leckere Abhilfe schaffen, der von ihm empfohlene Italiener in der Speyerer Altstadt war ein guter Tipp. Auf dem Weg dorthin begegnete uns noch der Corso der Traktorfreunde, die an diesem Tag beim Technikmuseum zum Lanzbulldog-Treffen zusammen gekommen waren.


Während unseres Mittagessens beim Italiener begann es leider wieder zu regnen, die Himmelsschleusen öffneten sich und es wurde kurzzeitig wieder sehr nass. Wir entgingen dem glücklicherweise und schafften es, fast völlig trocken, nach dem Essen den Dom zu erreichen.
Der Dom zu Speyer nimmt unter den großen Kathedralen des Mittelalters einen besonderen Platz ein. Salierkaiser Konrad II. lies den Dom um 1025 beginnen, bei seiner Fertigstellung um 1046 war er das größte Gebäude der Welt. Seine Krypta ist die Grablege der Kaiser aus dem Haus der Salier. Heute dient der Dom der Diözese Speyer als Bischofskathedrale. Gleichzeitig ist er, wie viele andere, besonders bedeutende Kirchen auch eine Touristenartaktion. Als Ort von Andacht und Ruhe taugt er daher nur noch bedingt. 
Wir verweilen daher nur kurz und machten uns dann wieder auf den Weg zum Museumsparkplatz wo wir das Auto zurück gelassen hatten. Von Speyer ging es dann wieder per Auto in Richtung Bad Rappenau, jedoch nicht auf direktem Weg, sondern mit einem Zwischenstopp bei einem lieben Verwandten der in der „Rennstadt“ Hockenheim als Pastor der Methodistengemeinde wirkt. Leider trafen wir ihn auf dem Sprung an, so dass der Besuch leider etwas kurz ausfallen musste. Als kleine Entschädigung, besonders für den sehr Rennsportbegeisterten Christian, besuchten wir dann noch kurz den Hockenheimring. 

Dort fand gerade ein Fahrertraining von Porsche statt, das einige sehr interessante Eindrücke, optischer wie akustischer Art, bereithielt. Auf dem Rückweg nach Bad Rappenau wurden wir dann noch angenehm überrascht, das Wetter hatte sich soweit beruhigt das an eine kleine, abendliche Rollerausfahrt zu denken war. Bad Wimpfen als Ziel vor Augen genossen wir den herrlichen, lauen Sommerabend auf unseren Rollern.


Von Bad Wimpfen aus folgten wir dann noch ein Stück weit dem Neckar um bei Gundelstein wieder Kurs auf Christians Heimatstadt zu nehmen. Hoch über dem Flusstal grüßt unweit von Gundelstein die Burg Guttenberg. Das Gemäuer aus dem dreizehnten Jahrhundert beherbergt heute die Deutsche Greifvogelwarte sowie den Sitz der Deutschen Umweltstiftung. Wir passieren die Burg auf der engen, kurvenreichen und landschaftlich extrem reizvollen Straße die uns wieder zurück nach Bad Rappenau bringt.
Fachwerk in Bad Wimpfen
Neckartal


In Bad Rappenau schließen wir die Tour mit einem kurzen Besuch des Gradierwerkes und der historischen Soleförderungsanlagen, die heute Teil des Kurparks sind, ab.


Der Abend wir dann in gemütlicher Runde wieder lang. Wir bedauern, dass es morgen schon wieder nach Hause gehen muss, freuen uns aber auch gleichzeitig auf die Reise und hoffen, von Wetterkapriolen verschont zu bleiben.



3. Tag
Wir beginnen den Sonntag gemeinsam mit einem ausgiebigen Frühstück, dann fängt für mich schon um halb Zehn die Rückreise an. Christian und Andre haben es nicht so weit und können sich et was mehr Zeit lassen. Der von finsteren Wolken verhangene Himmel mahnt zur Eile und so setze ich zu einer Heimfahrt ohne unnötig lange Unterbrechungen an.
Auf der, bereits von der Anreise her bekannten Route geht es zurück. Bad Wimpfen, Bad Friedrichshall, in der Ferne Heilbronn, dann Öhringen und Schwäbisch Hall, die Orte fliegen geradezu an mir vorbei. Auf der Anreise hatte ich versäumt im Kochertal die beeindruckende Autobahnbrücke zu fotografieren, heute nehme ich mir Zeit für einen kurzen, glücklicherweise trockenen Fotostopp.
Beeindruckendes Panorama mit Autobahnbrücke im Kochertal
Hinter Crailsheim verfärbt sich der Himmel, von bleiernem Grau zu schwarz und dann zu schwefelgelb. Mir blitzt ein einziger Gedanke durch den Kopf: Hagelsturm! Immer wieder sehe ich im Rückspiegel Blitze zucken, doch das Wetter zieht vorbei, nur ein kurzer Regenschauer erreicht mich. Bei Weißenburg sollte sich dieses beeindruckende und zugleich beängstigende Naturschauspiel wiederholen.
(fast) wieder zu Hause: Landesgrenze bei Crailsheim
Nach Eichstätt wird der Himmel langsam heller, in Kelheim hole ich die Sonne ein und erreiche Regensburg bei Sonnenschein. Von der Pentlinger Höhe aus sehe ich meine Heimatstadt vor mir liegen, im Sonnenschein grüßen die beiden Türme von St. Peter über den Dächern der Stadt.
Drei Tage genussvolles Reisen und eine gute Zeit mit lieben Freunden liegen hinter mir. Ich hoffe das ich bald wieder mit ihnen zusammen treffen werde, gleichzeitig bin ich aber auch froh wieder zu Hause zu sein.

 


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