Opa-Zip: Motorenarchäologie

Die bestellten Ersatzteile für den Zip, gefühlt ein Zip-Bausatz, waren die Tage in der Post. Da der Roller so bald wie möglich aus der Werkstatt raus soll gab es darum einen Schraubermarathon. Es sei schon vorab verraten, dass es 7 Stunden gedauert hat, alle anstehenden Arbeiten auszuführen.
Dabei kam wieder einer meiner Grundsätze zum tragen: Wenn an einem Motor mehr als drei Sachen zu tun sind, dann ist es in der Regel einfacher ihn auszubauen. Darum war der erste Schritt, den Roller auf Böcke zu hieven und den Motor zu trennen.
Auf der Werkbank war dann auch klar zu sehen was ich schon wusste: Der Motor war mit einer stellenweise mehrere Zentimeter dicken Schicht aus Dreck und Ölschlamm verkrustet.
Spätestens jetzt war klar, dass jede Menge Gummihandschuhe sterben würden. Aber manchmal geht's eben nicht ohne Opfer.


Erste Aufgabe war dann, den Motor von seinen restlichen Anbauteilen zu befreien. Also von Zylinderverkleidung, Zündung, Hauptständer und Anlasser. Dabei wurde schnell klar, dass es richtig war ihn auszubauen. Denn so verstopft wie die Kühlrippen waren, wäre ein Motorschaden bei der ersten Überlandfahrt wohl unausweichlich gewesen.
Genau darum gehört das Abnehmen der Kühlerhaube zum von Piaggio vorgeschriebenen Umfang der Routinewartung. Man müsste es halt auch machen.
Immerhin hatte die schwarze Mumpe alle Schrauben gut konserviert. Tatsächlich ließen sich alle Schrauben problemlos lösen, zumindest wenn man sie gefunden hatte. Anschließend begann dann eine wahre Dreckorgie.
Zum Einsatz kam alles, was das Arsenal hergab. Schraubendreher, Spachtel, diverse Drahtbürstenaufsätze für die Bohrmaschine sowie acht (!) Dosen Bremsenreiniger und zahllose Gummihandschuhe.
Aber gut, Ausgrabungen sind nun einmal ein dreckiges Geschäft und nach gut zwei Stunden war der Motor soweit sauber, dass sich damit sinnvoll arbeiten ließ.
Vorher stand aber noch eine Reparatur am Hauptständer auf dem Programm. Bei diesem war beim Rangieren in der Werkstatt der linke Ausleger abgebrochen. Hier hatte sich der Vorbesitzer schon mal versucht, wenn auch ohne großen Erfolg.
Hier musste also erstmal geschweißt werden. Das Gebatze des Vorgängers machte diese Aufgabe nicht einfacher, aber sie ließ sich lösen.
Auch dies ist weder perfekt noch schön, aber es sollte zumindest eine Zeit lang halten. Ruhe um sich nach einem neuen Hauptständer umzusehen.
Die eigentlichen Arbeiten am Motor begannen dann mit einem neuen Lager für die Getriebeausgangswelle, natürlich komplett mit frischem WeDi. Einen solchen erhielt auch die Eingangswelle.

Das Räderwerk war somit Bereit für seinen Wiedereinbau und die eigentliche Reparatur am Roller erledigt. Der Rest ist ja doch eher eine "erweiterte Inspektion".
Diese begann mit dem präventiven Austausch beider Kurbelwellen-Dichtringe. Denn das Exemplar auf der Antriebsseite war schon merklich feucht und so schön zugänglich sind die beiden WeDi normalerweise nicht.
Anschließend konnten Zündung, Anlasser und Hauptständer wieder einziehen. Gründlich gereinigt versteht sich.
Membranblock, Ansaugstutzen und der mit neuen Innereien bestückte Antrieb folgten unmittelbar danach.
Mit der, natürlich auch gereinigten, Zylinderverkleidung, war der Motor dann fertig für den Wiedereinbau in den Roller.
Als nächster logischer Schritt folgten Vergaser und Luftfiltersystem.
Letzteres war auch von pfundweise Dreck befreit. Der dreiteilige Luftfilterkasten später Zip Base ist ja berüchtigt als Drecksammler, vor allem wenn er nie gewartet wurde.
Die beiden Faltenbälge sind natürlich auch neu, genau wie die Schläuche vom Benzinhahn zum Vergaser. Von Zündkerze und Stecker ganz zu schweigen.
Normalerweis wäre das der Punkt, an dem eine Probefahrt erreichbar ist. Aber das sollte diesmal nichts werden, denn Marco und Natalie haben das Hinterrad des Zip mitgenommen. Solange das nicht mit einem neuen Hinterreifen da ist, steht der Roller erstmal.
Deshalb ging es mit den weniger wichtigen Arbeiten weiter. Etwa der Montage des Seitenständers.
Der Opa-Zip hat extrem wenig Rost. allerdings gibt es die typische Stelle rechts am Motorträger. Wenn auch nur oberflächlich und völlig harmlos.
Damit das so bleibt, gab es einen Schluck Chassislack. Somit sollte der Rost erstmal gestoppt sein.
Alte Roller bringen fast immer Kuriositäten mit. Bei diesem Zip ist es ein Brandloch (!) im Trittbrett. Grundsätzlich unkritisch, aber an einer Stelle, an der potentiell Wasser hochspritzen kann. Da Natalie den Roller höchst wahrscheinlich auch bei schlechtem Wetter und im Winter fahren wird, erschien es mir sinnvoll, das Loch zu stopfen.
Außerdem, seien wir ehrlich, es wäre kein echtes Rollerchaos-Projekt, wenn nicht irgendwo ein Stück Nummernschild dran wäre.
Vier Popnieten sorgen, ebenfalls klassisch, für die nötige Stabilität. Weniger für das Trittbrett, als dafür, dass es möglich war, das Loch mit dem Heißluftfön "dichtschmelzen" zu können.
Damit es optisch passt, kam anschließend noch etwas Unterbodenschutz drüber. Damit sollte das dann dicht sein.
Der Sitzbankriegel ist beim klassischen Zip eine bekannte Schwachstelle. Auch hier war er kaputt, die Lösung des Vorbesitzers, gelinde gesagt, abenteuerlich. Das wollte ich auf keinen Fall so lassen.
Zumal der Aufwand relativ gering ist. Einfach zwei Löcher bohren, eines in den Riegel und eines in die Verstärkungsrippe der Sitzbankbasis, und schon funktioniert der Rücksteller wieder ordentlich.
Dafür sorgt dann nämlich eine kleine Zugfeder.
Anschließend ging es dann daran, den Roller wieder zusammen zu bauen. Zumindest soweit es aktuell sinnvoll ist.
Dabei kam dann natürlich auch die letzte Baustelle des Tages an die Reihe. Der Heckpanzer. Kenner wissen, dass dieser bei späten Zip1 ein Problemteil ist, denn die Passung wurde mit der Zeit immer schlechter. Dadurch steht das Teil bei späten Exemplaren dauernd unter Spannung. In Folge dessen brechen die vorderen Anschraubpunkte und die Panzer reißen seitlich ein.
Die Anschraubpunkte ließen sich mit der üblichen Sekundenkleber und Backpulver Methode wieder befestigen. Außerdem habe ich die Löcher ausgebohrt, damit etwas mehr Spiel in der Befestigung ist.
Gerissen war dieser Panzer nur auf einer Seite und auch nicht ganz durch. Immerhin etwas. Den Riss zusammen zu ziehen bringt nichts, dadurch bringt man nur wieder neue Spannung in das Teil. Meiner Meinung nach ist es sinnvoller, den Riss zu belassen und zu stabilisieren.
Etwa indem man ihn mit Sekundenkleber und Backpulver füllt.
Damit ist der Roller, bis auf Hinterrad und Auspuff, fertig. Die Scheinwerfermaske muss auch noch wieder angebracht werden, aber das ist eine Kleinigkeit.

Damit wäre dann auch klar, dass das Nachholen von 22 Jahren verschleppter Wartung genau 7 Stunden dauert.














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