Grundsätzliches zum TPH 125
Das Fahrzeug ist im Grunde kein "echter 125er". Es handelt sich vielmehr um einen 50er mit großem Motor.
Der TPH 125 der hier besprochenen Generation
wurde 2011 durch ein vollständig neu konstruiertes Modell abgelöst.
Dieser „Neue TPH“ hat mit dem alten Modell, um das es hier geht,
nur noch den Namen gemeinsam.
Motor und Antrieb
Motor und Antrieb
des TPH 125 sind maßstabgsgerecht vergrößerte Ausgaben der Teile
des 50ers. Der Motor ist ein luftgekühlter Zweitaktmotor mit
Membraneinlass und Querstromspülung. Er leistet offiziell 12PS, es
ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass die Serienstreuung nach oben
tendiert.
Als Antrieb dient
ein stufenloses Automatikgetriebe in üblicher Standardbauweise.
Obwohl verschiedene Motorgenerationen zum Einsatz kamen, sind die
Änderungen an Motor und Antrieb über die Bauzeit minimal geblieben, die meisten Komponenten können problemlos untereinander getauscht werden. Grundsätzlich gilt, dass die jüngeren Modelle etwas robuster sind.
Wie die meisten
modernen Zweitakter verfügt der TPH 125 über Getrenntschmierung,
dieses System ist jedoch nicht problemfrei, dazu später noch mehr.
An der
Bremstechnik (Scheibe vorne, Trommel hinten) wurde über die Jahre
hinweg nichts geändert. Die Bremsen sind bei allen Modellvarianten
holzig und schlecht dosierbar. Die Wirkung ist ausreichend, aber
nicht übermäßig gut. Dabei ist bemerkenswert, dass hier die Bremsanlage der 50ccm Version übernommen wurde.
Das Fahrwerk
besteht aus einem Stahlrohrrahmen mit Telegabel vorne und
Treibsatzschwinge mit einem Federbein. Die Gabel früher Modelle
ist eine primitive, fettgefüllte Federgabel. Diese Ausführung gilt
als nicht sonderlich langlebig. Spätere Modelle haben eine echte,
hydraulische Telegabel, die deutlich besser ist. Wirklich gut war das
Fahrwerk des TPH 125 jedoch nie.
In diesem Bereich
ergeben sich für ambitionierte Fahrer viele Möglichkeiten zur
Optimierung. Beliebt ist der Umbau auf die Telegabel des Gilera
Runner sowie auf Sportfederbeine hinten. Hier haben sich vor allem
Produkte von Bitubo und YSS als gut erwiesen. Bei der Bremsanlage
bietet sich der Umbau auf eine großere Bremsscheibe mit passendem
Bremssattel an. Hierzu gibt es komplette Umbausätze im Zubehör.
Die serienmäßigen
Stollenreifen sind mit der Leistung des Motors überfordert. Hier ist
dringend zum Umbau auf moderne Straßenprofile zu raten. Dies
verbessert das Fahrverhalten erheblich.
Fahrverhalten und Charakter
Das Fahrverhalten
des TPH 125 ist eines der extremsten, die es bei 125er-Rollern gibt.
Der Motor verfügt über eine sehr enge Drehmomentkurve, ist daher
sehr giftig und bringt nur in einem engen Drehzahlbereich wirklich
volle Leistung. Die werksseitige Abstimmung des Antriebs trägt
dieser Eigenschaft Rechnung. Bedingt dadurch ist der TPH enorm
spurtstark und hat keinerlei Problem auch deutlich größere
Maschinen an der Ampel stehen zu lassen.
Zusammen mit dem
geringen Gewicht und dem schlechten Fahrwerk kann dies aber auch zu
Problemen führen. Der TPH 125 in praktisch allen Fahrsituationen
genug Leistungsreserven um den geringen Grip der kleinen Reifen zu überwinden. Es ist
mit diesem Fahrzeug ohne Weiteres möglich, mit auskeilendem Heck zu
driften oder das Vorderrad hoch in die Luft zu ziehen. Im
Grenzbereich, der sehr schnell erreicht ist, ist der Roller für
ungeübte Fahrer unbeherrschbar und wird zum (Selbst-)Mordinstrument. Hier ist meine klare Einschätzung, dass dieses
Fahrzeug nicht für Anfänger geeignet ist. In kundigen Händen ist er jedoch ein absolutes Spaßgerät.
Der TPH 125 im Alltag
Kein
Handschuhfach (ab Werk, es gab eines als Zubehör), dafür ein relativ großes Helmfach, in dem es
allerdings sehr heiß wird. Dazu die Möglichkeit einen sehr stabilen
Gepäckträger zu montieren. Der TPH 125 bietet einige Möglichkeiten
zur Mitnahme von Gepäck.
Dem Gegenüber
stehen der schlechte, praktisch nicht vorhandene, Wetterschutz und
ein enormer Durst. Bei „artgerechter“, Fahrweise ist es ohne
Weiteres möglich, den Verbrauch auf über 9L/100km zu treiben.
Sparfüchse schaffen es zwar, den 125er mit einer Drei vor dem
Komma zu fahren, das wird dem wahren Charakter des Rollers aber nicht
gerecht.
Positiv im
Alltagsgebrauch ist, dass der Roller sehr zuverlässig ist. Auch bei
tiefen Minusgraden oder starkem Regen springt er zuverlässig an und
läuft problemlos. Die meisten Ersatzteile sind relativ günstig und
die einfache, ja primitive Konstruktion reduziert die Arbeitskosten.
Fahrzeuge mit offener Eintragung (90km/h) sind zudem in der
Versicherung sehr günstig.
Schwächen
Zu den bereits
genannten Schwierigkeiten beim Fahrverhalten weißt der TPH 125
leider mehrere Schachpunkte auf.
Getrenntschmierung:
Die Ölpumpe der
Getrenntschmierung wird von einem Gummiriemen angetrieben. Dieser ist
thermisch hoch belastet und überfordert. Es kommt daher relativ oft
zu Motorschäden durch Abreißen dieses Riemens (und zusammenbrechen
der Ölversorgung). Zudem mischt die Ölpumpe sehr großzügig, der
Ölverbrauch ist unnötig hoch und damit auch Ruß- und
Geruchsentwicklung.
Sehr viele 125er
sind daher ohne Ölpumpe unterwegs. Entfernen von Pumpe und Öltank
spart zudem etwas Gewicht (ca. 1,5kg). Das Mischungsverhältnis von
1:50 muss dann natürlich durch Zumischen von Öl beim Tanken
eingehalten werden.
Auspuff:
Der
Originalauspuff ist von minderer Qualität und extrem rostgefährdet.
Er ist daher bei den meisten angebotenen Gebrauchtfahrzeugen bereits
durch ein Zubehörteil ersetzt.
Rahmen:
Der Rahmen des
125ers ist schlecht lackiert und daher sehr rostempfindlich. Hier
kommen sogar Durchrostungen und Rahmenbrüche vor. Wer seinen TPH
lange Zeit fahren möchte, sollte daher in gründliche Versiegelung
investieren.
Beleuchtung:
Der bei frühen
Modellen eingesetzte Scheinwerfer mit Streuscheibe ist im Grunde nur
eine Positionslampe. Hier ist ein Zusatzscheinwerfer für Fernlicht
oder der Umbau auf den (leider relativ teuren) Halogenscheinwerfer mit Klarglasscheibe
der späteren Modelle sinnvoll.
Fazit
Dieser Roller ist
sehr schwer einzustufen. Zum einen macht er extrem viel Spaß,
andererseits ist er auch tückisch und unberechenbar. Es heißt, dass
man nach der ersten Fahrt mit einem 125er-TPH zum Chirurgen muss, um
sich das Grinsen operativ entfernen zu lassen. Die Alternative
besteht darin, dass man eine neue Hose benötigt.
Dies mag
übertrieben sein, gibt aber eine richtige Tendenz vor. Wer Spaß an
einem scharfen Zweitakter hat und über die nötige Erfahrung und
Disziplin verfügt damit um zu gehen, der wird hier fündig. Es
gibt ein großes Angebot an günstigen, gut erhaltenen 125er-TPH,
selbst wirkliche Spitzenexemplare sind relativ günstig. Es ist für
Rollerfans eigentlich ein Muss, einmal einen solchen Roller besessen
zu haben.
Im Alltagsgebrauch
können hoher Verbrauch und schlechter Wetterschutz nerven.
Allerdings entschädigt der Roller an jeder Ampel und auf kurvigen
Landstraßen auch dafür. Trotz aller Schwächen ist dies sicher
einer der spaßigsten und charakterstärksten Roller die je gebaut
wurden. Pfennigfuchser und Buchhalterseelen werden damit aber nicht
glücklich werden.
Danke fuer den schoenen Bericht. Bau mir gerade so ein gutes Stück neu auf und suche nach Ideen. Das mit der Bereifung und dem federbein ist ein guter Tipp. Und das mit der ölpume wusste ich auch noch nicht. Sollte den Riemen vielelicht mal erneuern. Lg
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