Project X: Herztot

Heute hatte ich Zeit ein bisschen zu schrauben, also raus in die Werkstatt und ran an die Arbeit. Zunächst einmal habe ich die Seitenteile für die Sfera fertig lackiert, Königsblau und Schwarz sind immer wieder eine gute Kombination.

Die blauen Fläche werde ich aber nochmal überlackieren müssen, irgendwie ist der Lack hier etwas "wolkig" geworden. Macht aber erstmal nix, die Teile sollen zunächst ordentlich durchtrocknen, bis ich sie brauche wird eh noch etwas Zeit vergehen. Wichtiger ist zunächst, dass der Roller überhaupt läuft.

Da der ursprünglich montierte Auspuff unrettbar hinüber ist, habe ich heute zu testzwecken (ich will ja nicht taub werden) einen alten ZX angeschraubt, der seit Jahren in der Werkstatt rumliegt. Das Ding ist zwar keinesfalls der endgültige Auspuff für den Roller, aber zum testweise anlassen ohne Gehörschaden taugt er. 
Tatsächlich ist es mir dann auch gelungen den Motor zu starten, er hat jedoch kein Standgas und dreht auch nicht hoch wenn man den Gashahn öffnet. Bei Vollgas tuckert er nur knapp vorm ausgehen vor sich hin, kein gutes Zeichen. 
Also habe ich zunächst den Ansaugstutzen und den Membranblock ausgebaut, der Blick in die Kurbelkammer offenbarte dann einen regelrechten Ölsee. Bei Piaggiomotoren ist dies sehr selten, denn die Ölpumpe kann hier nicht in das Kurbelgehäuse lecken, eigentlich kann dies nur passieren, wenn der Motor mit Zweitaktmischung betrieben wurde und abgesoffen ist. Das Benzin verdunstet nach einiger Zeit, das Öl jedoch nicht. Meine Laune wurde entsprechend immer schlechter, denn dies ist auf jeden Fall ein Zeichen für ein größeres Motorenproblem.
Pauschalverdächtiger in solchen Fällen sind die Wellendichtringe an den Kurbelwellenstümpfen. Meistens der auf der Zündungsseite, daher habe ich dann die Zündung ausgebaut. Dies schreibt sich leicht, war aber ein vierstündiger Kampf mit den total verrotteten Schrauben der Gebläsehaube. Zuletzt habe ich dann die, ohnehin beschädigte, Haube zerstört und versucht die Schrauben mit der Zange auszudrehen, dabei sind sie natürlich alle abgerissen. Die Schrauben für den Hallgeber sitzen ebenfall unlösbar im Gehäuse, hier werde ich wohl zu rabiateren Mitteln greifen müssen. Immerhin war es möglich, den Zündanker zu lösen und soweit zur Seite zu schieben das der Wellendichtring sichtbar wurde. Das erstaunliche dabei: er ist neu, sogar ein hochwertiges Teil aus Viton. 
Sauber und Trocken ist er auch, hier ist alles in Ordnung. Dass der Motor an der Zylinderfußdichtung etwas sabbert ist bei den alten Piaggios oft der Fall und meistens unkritisch.

Da im Kellergeschoss des Triebwerks offenbar alles passt gings dann im Dachboden weiter: Kopf ab war angesagt. 
Hier gab es dann die nächste, diesmal unerfreuliche, Entdeckung: Der Brennraum ist völlig sauber, offenbar ist der Motor seit einer gründlichen Reinigung des Kopfes nicht mehr gelaufen.
Nach dem ziehen des Zylinder kam dann das böse Erwachen. Die Ursache für den extrem schlechten Motorlauf sind völlig zerstörte Kolbenringe.
Beide Ringe sind im Bereich der Passnuten völlig zerbrochen.
Kolben und Zylinder haben jedoch keinerlei Riefen oder Fresspuren, ganz im Gegenteil: der Kolben ist in grundsätzlich neuwertigem Zustand, der Zylinder wurde scheinbar vor kurzem gehohnt. Das Kolbenspiel befindet sich im völlig normalen Bereich. 
Mein Verdach ist hier, dass irgend ein Dilletant den Zylinder ausschleifen lies um einen Übermaßkolben zu montieren. Beim Zusammenbau des Motors jedoch die Kolbenringe zerstört hat und der Roller deshalb als teilzerlegtes Wrack im Schuppen landete, weil es besagtem Murkser nicht gelungen ist den Motor zum laufen zu bringen. Letztes ist grundsätzlich gut, denn die abgebrochenen Ringstücke schwimmen mit ziemlicher Sicherheit in der Ölsuppe im Kurbelgehäuse. 

Für mich bedeutet dies, dass ich den Motor komplett machen muss. Da die "Revision" offensichtlich gut begonnen wurde (hochwertige Teile, profiarbeit am Zylinder) aber in der Montage jemand zu Werke war, von dem man getrost behauptet kann das er von Motorenbau soviel Ahnung hat wie ein Pinguin von der Luftfahrt, ist es mir schlicht zu heiß nur den Kolbenringschaden zu beheben. Nach meinem Urlaub werde ich den Motor daher ausbauen und zerlegen. Es ist dann auch einfacher, die festsitzenden Schraubenstücke herauszubohren und die Gewinde zu reparieren. 









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