Fahrzeugporträt: Qingqi QT50Z / Sasy Classic 2000E / Huth Space-Runner

 

Wollten Sie schon immer mal wissen, wie es sich anfühlt, von einem halb verhungerten Tyrannosaurier durch den Urwald gejagt zu werden? Oder was einer Makrele durch den Kopf geht, hinter der ein Haifisch her ist? Falls die Antwort auf diese Fragen ja lautet, dann kann ich Ihnen verraten, wie Sie diese Erfahrungen machen können. Gefressen werden Sie dabei auch nicht, aber vielleicht auf eine andere Art sterben. Aber wer neugierig ist, lebt nun mal gefährlich.

Ich will auch gar nicht lange drumherum schreiben. Kaufen Sie sich einen Qingqi Sasy Classic 2000E und fahren Sie damit ein wenig in der Gegend herum. Idealerweise in der Rushhour in einer Großstadt oder, wenn sie mal so richtige Todesangst erleben wollen, auf einer gut ausgebauten Bundesstraße mit viel Schwerverkehr. Der faulige Mundgeruch eines T-Rex ist nicht so sehr viel anders als der höllische Drachenatem eines 40to-Scania der einem beim Überholen klar zeigt, dass eine einzige seiner Radschraube mehr Material enthält als die Gesamtheit des rachitischen chinesischen Irgendwas, an dem Sie sich gerade mit weiß hervortretenden Knöcheln festkrallen.

Bevor sich jedoch mit dem neu erworbenen Fahrzeug auf die epische Reise ins Land der Riesen und Drachen begeben, sehen wir uns das Ding doch einmal in aller Ruhe an.

Das Fahrzeug, das hierzulande allgemein als Qingqi Sasy Classic 2000E bekannt ist sollte korrekterweise eigentlich Qingqi QM50Z heißen, denn so wurde es von seinen Erbauern getauft. Diese Bezeichnung soll hier auch weiterhin verwendet werden, schon weil sie kolossal viel Druckerschwärze spart. Die Zusatzbezeichnung Sasy Classic 2000E ist lediglich die Verkaufsbezeichnung des Importeurs SAT Systems GmbH. Dass diese Roller hierzulande in eher homöopathischen Dosen und nur für relativ kurze Zeit angeboten wurden, täuscht darüber hinweg, dass ihnen in ihrer chinesischen Heimat eine ziemlich lange Karriere beschieden war. Das Herstellerunternehmen, die Jinan Qingqi Motorcycles Co Ltd. ist einer der traditionsreichsten Motorradproduzenten der Volksrepublik. Das „Qingqi Modell 15“ war ab 1956 das erste rein zivil genutzte Motorrad aus chinesischer Produktion. Doch ganz so weit reichen die Wurzeln des QM50Z nicht zurück. Dieser entstand ab 1987 als Resultat einer Zusammenarbeit von Qingqi mit Suzuki. Es handelt sich letztlich um eine Abwandlung des Suzuki TB50, einem ähnlich simpel gestrickten Automatikroller mit sehr kleinen Abmessungen und geringem Gewicht.

Betrachtet man den QM50Z rein objektiv, so fällt auf, dass er sich technisch stark von dem unterscheidet, was man heute landläufig von Automatikrollern erwartet. Zwar wird er von einem luftgekühlten 50cm³ Zweitaktmotor angetrieben, der als Treibsatzschwinge ausgeführt ist, doch steckt darin für heutige Betrachter ungewohnte Technik. So gibt es kein CVT-Getriebe, sondern lediglich einen Kettenantrieb mit fester Übersetzung und eine Fliehkraftkupplung. Ein Antriebssystem, das eher an klassische Mofas als an einen Roller erinnert. Der große Vorteil dieser Konstruktionsweise ist zweifellos deren Robustheit und Unempfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen. Kette und Kupplung laufen in einem geschlossenen Ölbad und sind somit nahezu wartungsfrei und langlebig. Zudem ist diese Art der Kraftübertragung sehr viel effizienter als ein CVT-Getriebe, das konstruktionsbedingt immer Schlupfverluste erzeugt. Nachteilig ist jedoch, dass es keine Variation der Übersetzung gibt, was die Steigfähigkeit des Fahrzeugs stark einschränkt. Gerade in Kombination mit der, für einen 50er-Roller typischen, sehr überschaubaren Leistungsentfaltung. Der Motor selbst ist ein Musterbeispiel für gutes Packaging. So befindet sich der Vergaser an einem extrem kurzen Ansaugstutzen an der Stirnseite des Triebwerks und der Luftfilterkasten thront, in die Kühlluftführung integriert, über dem Zylinderkopf. Der Motor fällt dadurch sehr kurz und schmal aus.

Das ist auch gut so, denn er muss in einem der kleinsten Serienroller überhaupt Platz finden. Das gesamte Fahrzeug ist gerade einmal anderthalb Meter lang, nur knapp über 60 cm breit und weniger als einen Meter hoch. Auch 45 kg Trockengewicht ist kaum zu unterbieten. Dennoch handelt es sich um einen Zweisitzer mit ausreichend Raum für einen soliden Gepäckträger. All dies kombiniert mit, Ausstattungsdetails, die in den ausgehenden 1980er Jahren durchaus nicht selbstverständlich waren. So kam der QM50Z stets mit 12V-Elektrik, Anlasser und Blinkern sowie Getrenntschmierung und Klappfußrasten für die (mutige und schlanke) Sozia daher. Im Gegenzug muss der Winzrollertreiber aber auf eine Tankuhr verzichten und sollte auch keine überragenden Anforderungen an den Wetterschutz stellen.

Man muss abschließend feststellen, dass das, was da seinerzeit auf winzigen Achtzöllern und in ein sehr knappes Plastikkleidchen gehüllt aus China angekullert kam, ein erstaunlich brauchbarer, kleiner Motorroller ist. Die große Mehrheit der nach Europa exportierten Exemplare dürften ein eher ruhiges Leben als Campingplatzmobil auf dem Heckträger eines Wohnmobils geführt haben, entsprechend hoch ist die Zahl der in relativ gutem Zustand überlebenden Exemplare. Die eingangs erwähnte Expedition an den Rand der Todeszone muss also kein Gedankenspiel bleiben. Auch wenn ich persönlich den QM50Z als Innenstadtflitzer oder für gemütliche Ausfahrten auf kleinsten Nebensträßchen bevorzuge. Es ist eben wirklich so, dass die besten Dinge im Leben in kleinen Dosen kommen.

 

Technische Daten

 Abmessungen / Gewichte:

Länge über Alles

1.500 mm

Höhe (ohne Spiegel)

915 mm

Breite (ohne Spiegel)

625 mm

Randstand

1.070 mm

Bodenfreiheit

90 mm

Leergewicht

45 kg trocken / 51 kg abfahrbereit

Zulässiges Gesamtgewicht

230 kg

 Rahmen und Fahrwerk:

Vorderradführung

Telegabel mit Schraubenfedern (ungedämpft)

Hinterradführung

Treibsatzschwinge mit hydraulischem Monofederbein

Max. Lenkeinschlagwinkel

45° (beidseitig)

Wendekreis

1.450 mm

Bremsen

Mechanische Trommelbremse vorne und hinten
Seilzugbetätigung

Reifen

3.00-8 4PR vorne und hinten

 Motor:

Motortype

Einzylinder Zweitaktmotor, umkehrgespült mit Einlassteuerung durch Membrane. Auslass schlitzgesteuert.

Kühlung

Zwangskühlung durch Gebläse

Hubraum

49 cm³

Bohrung X Hub

41,00 mm X 37,40 mm

Spitzenleistung

3 kW bei 6.000 rpm

Max. Drehmoment

4,22 Nm bei 4.500 rpm

Verdichtung

6,5 : 1

Gemischaufbereitung

Querstrom-Schiebervergaser
Hersteller: Mikuni Type 12/70/101

Luftfilter

Trockenfilter Schaumgummielement

Anlasser

Kickstarter und Elektrostart

Motorschmierung

Frischölautomatik

 

 

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