Samstag, 22. Juli 2017

Schraubertipps: Grundlagenwissen über Zweitaktöl

Hier im Blog geht es fast immer um Fahrzeuge mit Zweitaktmotor. Eine Technik, die heute langsam ausstirbt. Es gibt kaum noch Neufahrzeuge mit Zweitaktmotoren und langsam lösen Viertakter und Elektroantrieb den "alten Stinker" als wichtigste Antriebsverfahren in Rollern ab. Dennoch gilt die alte Binsenweisheit, dass der gut fährt, der gut schmiert, nach wie vor auch (wenn nicht sogar ganz besonders) für Zweitakterfahrer. 
Dabei ist gleich zu Anfangs anzumerken, dass die heute verfügbaren Zweitaktöle im Vergleich zu früheren Zeiten ausnahmslos von überragend guter Qualität sind.  Dennoch gibt es eine Vielzahl von Sorten und Marken. Die immer wieder gestellte Frage: "Welches Öl ist das richtige für meinen Roller?" hat also nach wie vor ihre Berechtigung. Natürlich kann sie mit einer allgemeinen Sammlung von Grundlagenwissen nicht für jeden Einzelfall beantwortet werden. Vielmehr sollen die hier angebotenen Informationen helfen, die richtige Wahl zu treffen.

Zweitaktöl in einem Messbecher
historischer Abriss:
Spezialisierte Zweitaktöle sind eine relativ neue Erfindung. Sie entstanden im Zuge der Massenmotorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Vorher wurden Zweitaktmotoren meist mit dünnflüssigem Einbereichsmotoröl betrieben. Eine typische Sorte hierfür war SAE30, das aus diesem Grund bei vielen Zweitaktfahrzeugen auch als Getriebeöl verwendet wurde. Somit musste nur eine Sorte Öl für ein Fahrzeug vorgehalten werden.

was ist der Unterschied zwischen Zweitaktöl und Viertaktöl?
Grundsätzlich muss der Schmierstoff in einem Zweitaktmotor die folgenden Eigenschaften besitzen:
  1. ausreichende Schmierleistung bei hohen Drehzahlen und hohen Temperaturen
  2. hohe Druckfestigkeit zur Schmierung der Lager
  3. problemlose Mischbarkeit mit dem Treibstoff
  4. das Öl muss möglichst rückstandsfrei verbrennen
Die beiden ersten Eigenschaften werden auch von Motorölen für Viertaktmotoren problemlos erfüllt. Tatsächlich sind solche Öle dem Zweitaktöl in diesen Punkten sogar meist überlegen. Die Punkte 3 und 4 sind jedoch das Problem. Viertaktöl soll sich nicht mit dem Treibstoff vermischen und auch nicht verbrennen, sondern möglichst lange im Motor verbleiben und dort immer wieder durch die Schmierstellen fließen.
Im Zweitaktmotor ist das Öl ein "Einmalartikel". Es wird gemeinsam mit dem Treibstoff vom Motor angesaugt, durch Schleuderwirkung an den Schmierstellen verteilt und anschließend in der Brennkammer verbrannt und ausgestoßen. 
Wird das Öl nicht sauber verbrannt, setzen sich Brennkammer, Auslasschlitz und Auspuff des Fahrzeugs zu oder können gar vollständig verstopfen. In früheren Zeiten war es daher üblich, den Motor routinemäßig teilweise zu zerlegen und zu "entkohlen". Das ist heute nur noch ausgesprochen selten notwendig, denn moderne Zweitaktöle verbrennen fast völlig rückstandsfrei.

Die Mischbarkeit mit Treibstoff ist heute nicht mehr ganz so wichtig. Früher waren Fahrzeuge mit Mischungsschmierung gebräuchlich, bei denen es naturgemäß wichtig war, dass sich Treibstoff und Öl im Tank nicht entmischen. Bei den heute verbreiteten Systemen mit Getrenntschmierung muss die Verbindung aus Öl und Benzin nur kurze Zeit bestehen bleiben. 

Ölsorten:
Zweitaktöle lassen sich grundsätzlich in drei Sorten, eigentlich eher Gruppen, einteilen.
1. (voll)synthetisches Öl:
Hierbei handelt es sich um so genannte hochlegierte Öle. Also Öle die sehr viele Additive (Zusatz- und Hilfsstoffe) enthalten. Diese Öle sind für besonders hohe Belastungen gedacht. Solches Zweitaktöl ist eigentlich nur bei extrem hoch drehenden und leistungsstarken Motoren notwendig. Also vor allem bei hochgezüchteten Sportfahrzeugen und Wettkampfmaschinen. Der Hauptvorteil besteht in enormer Drehzahl- und Hitzefestigkeit sowie besonders geringer Rußentwicklung.
Für serienmäßige oder nur leicht getunte Rollermotoren ist Synthetiköl normalerweise nicht sinnvoll. Wer allerdings den Roller oft auf Kurzstrecken fährt, kann von den Vorteilen der geringeren Ölkohleentwicklung profitieren. Hier muss dann entschieden werden, ob es den teils ziemlich heftigen Mehrpreis solcher Öle wert ist.

2. teilsynthetisches Öl:
Der Begriff "teilsynthetisch" ist eigentlich nicht richtig. Denn auch diese Öle sind Mineralöle mit Additiven, genau wie das sog. vollsynthetische Öl. Allerdings ist der Anteil der Zusatzstoffe hier erheblich geringer. Solche Öle sind die heute gebräuchlichen und verbreitetsten Zweitaktöle. Sie sind für normale und mittlere Belastungen gedacht und können problemlos in den meisten Motoren verwendet werden. 

3. mineralisches Öl:
Als mineralisch oder unlegiert bezeichnet man Öle, die keine oder nur sehr wenige Zusatzstoffe enthalten. Sie sind die einfachsten und billigsten Öle und heute eher unüblich. Der Hauptnachteil gegenüber modernen Ölen liegt in der geringeren Schmierleistung und in der hohen Rauch- und Rußentwicklung. Solche Öle sollten heute nur noch in Oldtimermotoren verwendet werden, die sich nicht für den Betrieb mit modernen Ölen eignen. 

welches Öl braucht mein Fahrzeug?
Jeder Hersteller schreibt für seine Fahrzeuge vor, welche Eigenschaften das verwendete Öl haben muss. Grundsätzlich reicht also ein Blick in die Bedienungsanleitung um zu wissen, welches Öl man benötigt.
Bedienungsanleitungen liefern meist wertvolle Informationen
Die meisten Hersteller schreiben eine Norm vor und geben eine Beispielhafte Empfehlung für ein bestimmtes Produkt. Also zum Beispiel: "JASO FC Schmier und Flutsch Ultra XXL".

Üblich sind die japanischen JASO-Normen (Japanese Automotive Standarts Organisation, entspricht ungefähr dem deutschen TÜV) bei asiatischen und europäischen Herstellern. Amerikanische Fahrzeughersteller sowie einige Europäer geben zusätzlich die API und ISO-Bezeichnungen an. Diese Normbezeichnungen finden sich auch auf den Verpackungen der Öle wieder. 

JASO-Normen:
Klasse                              Eigenschaften
FA                                   leichte Betriebsbedingungen / meist mineralisches Öl
FB                                   mittlere Betriebsbedingungen / meist teilsynthetisches Öl
FC                                   mittlere Betriebsbedingungen / meist synthetisches, raucharm brennendes Öl
FD                                   besonders raucharmes, meist synthetisches Öl

Die Jaso-Klassen geben nur grobe Anhaltspunkte über die Beschaffenheit des Öls. Bei Fahrzeugen, für die vom Hersteller nur JASO-Klassen vorgeschrieben sind, sollte man ein teilsynthetisches Öl tanken.

API-Normen:
Klasse                                                   Eigenschaften / empfohlene Verwendung
API-TA (TSC-1)                                   Mopeds, Mofas, Hilfsmotoren
API-TB (TSC-2)                                   Motorroller und Motorräder
API-TC (TSC-3)                                   Hochleistungsmotoren und hohe Belastungen
API-TD (TSC-4)                                   eigentlich Außenbordmotoren und marinisierte Motoren, wird aber auch für einige große, wassergekühlte Zweitaktmotoren vorgeschrieben/empfohlen

Nach API klassifizierte Öle können zusätzlich ein C im grünen Kreis tragen. Dies sind Öle auf Basis von Pflanzenölen, die für den Verkauf und die Verwendung im US-Bundesstaat Kalifornen zugelassen sind. Solche Öle dürfen nur in Motoren verwendet werden, die dafür ausdrücklich freigegeben sind. 

ISO-Normen:
Klasse                                                                   Eigenschaften
ISO-L-EG-B (Global GB)                                   entspricht JASO FB
ISO-L-EG-C (Global GC)                                   entspricht JASO FC
ISO-L-EG-D (Global GD)                                extrem hohe Belastungen, zugelassen für Flugmotoren, übertrifft JASO FC

Die ISO-Klassen orientieren sich an den JASO-Normen. Bei einigen alten Fahrzeugen werden veraltete ISO-Klassen für Viertaktöle angegeben. Davon kann zu Gunsten von teil- bzw. vollsynthetischem Zweitaktöl der entsprechenden JASO-Norm abgewichen werden. Schreibt der Hersteller jedoch Pflanzenöle (z.B. Rhizinusöl) als Mischöl vor, so muss man sich daran halten.

Beispiele aus der Praxis:
Dieses Öl ist primär nach API TC eingestuft, also für hoch belastete Motoren vorgesehen. Zusätzlich gibt der Hersteller die Norm JASO-FB an. Damit ist es als teilsynthetisches Öl gekennzeichnet. Die Kennzeichnung ISO-L-EGB besagt ebenfalls, dass es ein teilsynthetisches Öl ist. Dieses Motoröl würde sich für die meisten Zweitaktroller im Alltagsbetrieb eignen.
Hier gibt der Hersteller ebenfalls die API TC als Hauptnorm an. Es ist also wiederrum ein Öl für hohe Belastungen. Das Öl entspricht jedoch JASO-FD, ist also ein besonders raucharmes Öl. Nach ISO-L-EGD ist es zudem für Flugmotoren zugelassen. Auch dieses Öl ist für die meisten Rollermotoren problemlos verwendbar. 


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