Schraubertipps: Bremsflüssigkeit, Grundwissen und Allgemeines

Praktisch jeder moderne Roller verfügt über mindestens eine hydraulische Scheibenbremse. Diese Systeme arbeiten nach einem simplen Prinzip:

In einem Geberkolben (der so genannten Bremspumpe) wird Druck erzeugt, dieser Druck wird über eine Flüssigkeit auf einen Arbeitskolben (im Bremssattel) übertragen. Dieser Arbeitskolben drückt gegen eine, sich mit dem Rad drehende, Bremsscheibe und erzeugt so eine bremsende Kraft. Dieses System basiert auf dem physikalischen Grundgesetz, dass sich Flüssigkeiten nicht komprimieren lassen sondern, sobald ein Druck auf sie einwirkt, in Richtung des geringsten Widerstandes ausweichen.

Aufbauschema einer hydraulischen Rollerbremse (stark vereinfacht)


Die hierzu benutzt Flüssigkeit wird im Allgemeinen Bremsflüssigkeit (seltener auch Bremsöl) genannt. Der Umgang mit Bremsflüssigkeit erfordert etwas Grundlagenwissen. Dabei ist, wie bei allen sicherheitsrelevanten Bauteilen, größte Vorsicht und Sorgfalt angebracht. Folgende Regeln sollte hierbei jeder Rollerfahrer und -schrauber kennen und beachten:

  1. Im Zweifelsfall Finger weg! Wer sich nicht zu 100% sicher ist, sollte die Bremsanlage nicht anfassen, sondern den Rat von Fachleuten einholen. 
  2. Nur Materialien von guter Qualität und der richtigen Spezifikation verwenden. Falsche Sparsamkeit ist hier unangebracht und höchst gefährlich!
  3. Herstellervorschriften unbedingt beachten!
  4. Bremsflüssigkeit ist giftig! Sie darf keinesfalls ins Grundwasser gelangen, die Sicherheitshinweise der Hersteller unbedingt beachten. Auf Arbeitsschutz und sachgerechte Entsorgung achten!
Im Folgenden sollen nun einige grundlegende Informationen gegeben werden, die jeder Rollerfahrer kennen sollte. Dies ist einfach Wissen, dass den Umgang mit dem Roller sicherer macht, auch wenn man nicht selbst schraubt.

Zweijahresregel:
Bremsflüssigkeit ist hygroskopisch. Das bedeutet sie zieht Wasser an und nimmt es in sich auf. Dadurch sinkt der Siedepunkt der Bremsflüssigkeit immer weiter ab. Durch die hohen Temperaturen, die während des Bremsvorganges entstehen, kommt es zur Bildung von Dampfblasen im Hydrauliksystem. Dadurch wird die Übertragung der Bremskraft von der Bremspumpe zum Bremssattel unterbrochen und die Bremse versagt.

Neben diesem Hauptproblem kommt es durch das eingelagerte Wasser auf Dauer zu Kalk- und Rostablagerungen im Bremssystem, die dessen Wirksamkeit einschränken und es auf Dauer nachhaltig beschädigen können. Es ist daher, im wahrsten Sinne des Wortes, lebenswichtig die Bremsflüssigkeit spätestens alle zwei Jahre zu ersetzen. Zudem sollte der Siedepunkt der Bremsflüssigkeit regelmäßig geprüft werden. Die Fachwerkstatt verfügt dazu über spezielle Messgeräte.

Die Eigenschaft Wasser aufzunehmen ist kein Nachteil sondern zwingend notwendig. Würde sich das Wasser nicht in der Bremsflüssigkeit lösen könnte es zu schneller, punktueller Korrosion (im Extremfall zu Durchrostungen von Metallleitungen) kommen oder die Bremse würde bei niedrigen Temperaturen einfrieren.
Honig ist besser als Teer:
Gerade bei älteren, gebraucht erworbenen Rollern ist es eine gute Idee in den Ausgleichsbehälter der Bremsanlage zu sehen. Das ist ein einfacher Vorgang der auch den Laien nicht überfordert. 

Ohne ein entsprechendes Messgerät kann man zwar die Bremsflüssigkeit nicht direkt testen, aber auch ihre Farbe gibt Aufschluss auf den Zustand. Frische Bremsflüssigkeit ist meist honigfarben, mit zunehmendem Alter verfärbt sie sich dunkelbraun bis teerschwarz, in so einem Fall muss so bald wie möglich ein Flüssigkeitswechsel durchgeführt werden. 

Sorten von Bremsflüssigkeit:
Bremsflüssigkeit wird in mehrere Klassen aufgeteilt. Jede Klasse beschreibt bestimmte Eigenschaften vor, die von der Bremsflüssigkeit zwingend erfüllt werden müssen. Anders als bei Motorölen definiert die Norm hier keinen Mindeststandard, sondern absolute Werte von denen keine Abweichung zulässig ist. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist der Siedepunkt. Die Siedepunkte der jeweiligen Klasse sind in nachfolgender Tabelle aufgeführt. Hierbei wird in sogenannte trockene und nasse Siedepunkte unterschieden. Der trockene Siedepunkt bezeichnet den Siedepunkt der Bremsflüssigkeit im Neuzustand. Der nasse Siedepunkt den Wert an dem das Ende der Lebensdauer erreicht ist und die Bremsflüssigkeit schnellstmöglich ersetzt werden muss. Die Tabelle enthält nur die drei derzeit innerhalb der EU grundsätzlich für Krafträder zugelassenen Bremsflüssigkeitsklassen. Einige Fahrzeughersteller schreiben andere Bremsflüssigkeitklassen als die aufgeführten vor. Diese sind dann jeweils für den einzelnen Fahrzeugtyp per Sondergenehmigung zugelassen. 

Klasse    Siedepunkt trocken (°C)    Siedepunkt nass (°C)
DOT3     205                                     155
DOT4     230                                     170   
DOT5.1  260                                     180

Es ist zwingend die Bremsflüssigkeitsklasse zu verwenden, die der Hersteller für die jeweilige Bremsanlage vorschreibt. Wird davon abgewichen kann es zum Totalausfall der Bremsanlage kommen. Das Mischen von Bremsflüssigkeiten verschiedener Klassen ist zwischen den Klassen DOT3 und DOT4 möglich, in sehr vielen Ländern jedoch gesetzlich verboten.

Moderne Bremsflüssigkeit besteht meist aus Polyglykolen. Seltener wird Bremsflüssigkeit auf Basis von Silikonölen (DOT 5) verwendet. Einige sehr alte Fahrzeuge benötigen statt Bremsflüssigkeit dünnflüssiges Mineralöl (daher der Begriff Bremsöl). Dies sind jedoch Spezialfälle die im Allgemeinen keine Rolle spielen.




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